4 Wiedergabe rätoromanischer Familiennamen im Deutschen
Wenn man nach rätoromanischen Namen in Deutschland sucht, steht man vor
dem Problem, praktisch keine Belege finden zu können. Zunächst einmal muss
man feststellen, dass viele der heute bei den Rätoromanen Graubündens verbrei-
Wolfgang Dahmen und Johannes Kramer
330
1 Die folgenden Angaben nach Huber 1986.
2 DRG 4,607.
teten Familiennamen deutsche Formen sind, die deshalb nicht auffällig sind.
Weiterhin ist keiner der genuinen rätoromanischen Familiennamen im Deutschen
Telefonbuch3 mehr als 10 mal vertreten, was die Überlegung bestätigt, dass es
keine greifbaren mas sierten Niederlassungen von Rätoromanen in Deutschland
gibt. Ausnahmen sind Anthroponyme, die eine andere als die rätoromanische Erklärung
ermöglichen: Ein Name wie Solèr (von sulèr ‘Hausflur’) taucht zwar 79
mal auf, die dazugehörigen Vornamen sprechen aber eindeutig dafür, dass es sich
um den gleichlautenden, weit verbreiteten katalanischen Namen handelt. Ähnliches
gilt für Koray, das nicht etwa das rätoromanische Coray (zu Konrad) verdeutscht,
sondern einen türkischen Namen darstellt. Der 18 mal belegte Name
Duff ist nicht etwa das rätoromanische Duff (zu Rudolf), sondern der englische
Familienname Duff (umgangssprachlich duff ‘mies’). Die einzige Ausnahme mit
einer Zahl über 10 bleibt dann noch Caduff mit 23 Belegen; sieht man von einer
Anhäufung von fast 10 Belegen im thüringischen Nordhausen und einer Einzelbezeugung
in Greifswald ab, sind alle weiteren Namenträger im südwestdeutschen
Raum in der Nähe zur Schweiz beheimatet.
Adaptationen rätoromanischer Namen an das deutsche Laut- und Schreibsystem
lassen sich auch auf Grund der Belege aus der Gesamtschweiz nicht nachweisen.
So sind etwa die mit C- anlautenden Namen wie Caduff, Caflisch, Condrau,
Capaul, Camathias ausweislich des Schweizer Telefonbuchs durchgängig
mit C- und nicht mit K- geschrieben (www.tel.search.ch).
5 Forschungsstand und Nachschlagewerke
Grundsätzlich ist das Namensinventar Graubündens durch das monumentale Rätische
Namenbuch, das von Robert von Planta und Andrea Schorta schon in den
dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts begründet wurde, sehr gut erfasst. Die ersten
beiden Bände sind der Toponomastik gewidmet, der dritte, aus zwei Teilen
bestehende und von Konrad Huber besorgte Band widmet sich den Personennamen
(Huber 1986). Nach einem einleitenden geschichtlichen Abriss wird ein
um fangreiches, mit historischen Belegen versehenes Inventar aufgelistet, das im
ersten Teil die von Rufnamen, im zweiten die von Übernamen abgeleiteten Familiennamen
behandelt.
Familiennamen aus dem Rätoromanischen
331
3 Statistische Angaben nach www.telefonbuch.de (14. 08. 2007).
Daneben gibt es einige kurze, leicht zugängliche Informationsüber sichten, die
zumeist historisch orientiert sind: Darms 2003, Kramer 2007, Stricker
1989.
Literatur
Darms, G. 2003: Anthroponymie rhéto-romane – un aperçu. In: D. Kremer (Hg.), Miscelânea Patromiana.
Tübingen, S. 241–246.
DRG: Dicziunari rumantsch grischun. 1939–. Cuoira/Winterthur.
Huber, K. 1986: Rätisches Namenbuch. Band III: Die Personennamen Graubündens mit Ausblicken
auf Nachbargebiete. 2 Teile. Bern.
Kramer, J. 2007: Das bündnerromanische Personennamensystem. In: A. Brendler, S. Brendler
(Hg.), Europäische Personennamensysteme: Ein Handbuch von Abasisch bis Zentralladinisch.
Anlässlich der 65. Geburtstage von Rosa Kohlheim und Volker Kohlheim. Hamburg (= Lehrund
Handbücher zur Onomastik 2), S. 119–127.
Stricker, H. 1989: Bündnerromanisch: Interne Sprachgeschichte III. Onomastik. In: G. Holtus,
M. Metzeltin, C. Schmitt (Hg.), Lexikon der romanistischen Linguistik III, Tübingen, S. 804–812.
Wolfgang Dahmen und Johannes Kramer
332
KATHRIN DRÄGER
Italienische Familiennamen in Deutschland
Gegenstand des folgenden Aufsatzes sind Familiennamen im heutigen deutschen
Staatsgebiet, die der italienischen Sprache entstammen. Diese Familiennamen1
haben ihren Ursprung meist im heutigen italienischen Staatsgebiet, kaum in der
italienischsprachigen Schweiz. Deutschsprachige Familiennamen aus Südtirol
werden hier nicht behandelt.2
1 Wie kamen die italienischen Familiennamen nach Deutschland?
Die große Masse der Träger italienischer Familiennamen kam ab Mitte der 1950er
Jahre nach Deutschland. Doch auch in den Jahrzehnten und Jahrhunderten zuvor
gab es teils vereinzelte, teils beträchtliche Zuwanderung von Italienern nach
Deutschland, die natürlich auch ihre Familiennamen mitbrachten.
„Der Beginn der Migration aus den Gebieten des heutigen Italien in die
Gebiete des heutigen Deutschland wird auf das 13. Jahrhundert festgelegt.
Lombardische Geldwechsler, Bankiers und Münzmeister waren in Städten und
an Höfen tätig.“3 Im Mittelalter wanderten zudem Kirchenvertreter, Gläubige,
Händler, ab dem 14. / 15. Jahrhundert auch Künstler aus allen Bereichen sowie
Kunsthandwerker aus Italien ins europäische Ausland. Einzelne italienische
Protestanten und Häretiker flohen wegen religiöser Verfolgung aus ihrem
Land in das heutige Deutschland. Aus dem Herzogtum Savoyen-Piemont zogen
im 17. Jahrhundert Gruppen von Waldensern in das Reich. Ein größeres
Ausmaß hatte der Zuzug von Kaufleuten aus Nord- und Mittelitalien sowie
von italienischen Fabrikanten im 17. und 18. Jahrhundert, vor allem in die
Gebiete am Mittelrhein und am Main. Die Fabrikanten trugen heute noch berühmte
Namen wie Brentano (Frankfurt), Canaris (Trier), Farina (Fabrikati-
1 Sardische Namen können hier nicht eigens berücksichtigt werden. Eine Einführung bieten FERRER
/ GUIDO 2007 mit zahlreichen Literaturangaben.
2 Zur Geschichte und Bildung der italienischen Familiennamen s. zuletzt KREMER 1996, BERARDI
2007, jeweils mit zahlreichen Literaturangaben.
3 MARTINI 2001, S. 60.
333
Kathrin Dräger
334
on von Kölnisch Wasser in Köln), Bolongaro (Tabakfabrikation in Höchst).4
Nach der Staatsgründung des Königreichs Italien 1861 setzte eine erste große
Auswanderungsphase ein. Die Provinzen Südtirol, Trentino, Belluno und Venetien
gehörten damals nicht zu Italien, sondern zu Österreich-Ungarn. Aus ihnen
stammte eine große Zahl von Auswanderern und saisonalen Wanderarbeitern, beispielsweise
Arbeiter für den Eisenbahn- und Straßenbau, die vor allem in Württemberg
und Bayern tätig waren.5
Im 19. Jahrhundert war die Auswanderung aus Italien vor allem temporär,
nicht permanent.6 „Aus der saisonalen Beschäftigung in der Landwirtschaft wurde
im Zuge der Industrialisierung zunehmend eine dauerhafte Beschäftigung in
der Industrie, wobei sich die Siedlungsgebiete von Süd- und Westdeutschland
nach Elsaß-Lothringen, Westfalen und in die Rheinprovinzen verlagerten.“7 Seit
dem Ende des 19. Jahrhunderts strömten italienische Arbeitsmigranten in großer
Zahl ins Deutsche Reich, weil die Einwanderungsregelungen der USA, einem der
Hauptemigrationsziele, immer restriktiver wurden. Schätzungen zufolge waren im
letzten Drittel des 19. Jahrhunderts bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs in den
Sommermonaten rund 175 000 Italiener in Deutschland tätig; zu Beginn des Ersten
Weltkriegs lebten rund 325 000 italienische Staatsangehörige in Deutschland.
Während des Ersten Weltkriegs kehrten viele Italiener nach Italien zurück; die
im Deutschen Reich verbliebenen wurden als Kriegsgefangene behandelt. In der
wirtschaftlich instabilen Weimarer Republik gab es nur wenige Italiener.8
Das nationalsozialistische Deutschland warb infolge des Arbeitskräftemangels,
der aus der Rüstungskonjunktur folgte, italienische Arbeiter an. Dazu wurde 1937
ein bilateraler Vertrag geschlossen, zunächst für Saisonarbeiter in der Landwirtschaft.
1941 waren etwa 270 000 italienische Arbeiter nicht nur in der Landwirtschaft,
sondern in zahlreichen weiteren Bereichen beschäftigt. Nach dem Sturz
Mussolinis 1943 wurden 600 000 italienische Kriegsgefangene nach Deutschland
gebracht und die zivilen italienischen Beschäftigten wurden zu Zwangsarbeitern
gemacht. Nach 1945 blieben nur wenige Italiener in Deutschland; Ende 1953 waren
hier nur 5 334 italienische Arbeitnehmer beschäftigt.9
4 MARTINI 2001, S. 50, 61 f.; BORMANN 1994, S. 48 f.; SCHINDLING 1993, S. 288–293.
5 MARTINI 2001, S. 50; BORMANN 1994, S. 46–50.
6 MARTINI 2001, S. 51.
7 MARTINI 2001, S. 64.
8 MARTINI 2001, S. 64; RIEKER 2003, S. 17.
9 MARTINI 2001, S. 65; RIEKER 2003, S. 17 f.
Italienische Familiennamen in Deutschland
335
Bis zum Beginn der Massenauswanderung Mitte der 1950er Jahre stammten
die meisten italienischen Emigranten aus dem Norden des Landes, danach vor
allem aus den Regionen südlich von Rom, dem so genannten Mezzogiorno.
Während es im Zuge des Wirtschaftsaufschwungs des Nachkriegsdeutschlands
in manchen Regionen bereits Mitte der 1950er Jahre einen Arbeitskräftemangel
besonders in der Landwirtschaft und der Industrie gab, verzeichnete vor allem
Süditalien einen erheblichen Arbeitskräfteüberschuss, so dass die italienische Regierung
zur Auswanderung aufrief. Sie bemühte sich seit dem Sommer 1951 um
die Vermittlung italienischer Arbeiter in die Bundesrepublik Deutschland. Auf
Drängen der italienischen Seite wurde 1953 ein „Abkommen über den Austausch
von Gastarbeitnehmern“ in Bonn unterzeichnet, doch der Austausch wurde auf
ein Jahreskontingent von 300 Personen begrenzt. 1955 wurde schließlich ein Anwerbevertrag
zwischen Deutschland und Italien geschlossen. Für Deutschland
war es der früheste Anwerbevertrag überhaupt, für Italien hingegen war es der
dritte nach Frankreich und Belgien 1948. Die von Deutschland geschlossenen
Anwerbeverträge sahen befristete Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer
vor.10
1955 lebten rund 26 000 Italiener in Deutschland. 1961 waren es bereits rund
200 000. In jenem Jahr trat die Verordnung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
(EWG) in Kraft, wonach sich die Bürger eines Mitgliedsstaats in jedem
anderen Land der Gemeinschaft niederlassen konnten. Dadurch wurde der Zuzug
wesentlich unbürokratischer. Dennoch sank Anfang der 1960er Jahre die Zahl der
einreisenden Italiener wegen des Aufschwungs in der italienischen Wirtschaft,
der vor allem im Norden des Landes einen wachsenden Arbeitskräftebedarf entstehen
ließ. Süditaliener zogen nun in den Norden statt nach Deutschland. Während
der bundesdeutschen Wirtschaftskrise 1966 / 67 gab es mehr Rückwanderer
als Zuwanderer. Seit 1970 bilden die Italiener nicht mehr die größte Gruppe von
Ausländern in Deutschland. Sie wurden von den Jugoslawen abgelöst, diese 1972
von den Türken. Als die Bundesregierung 1973 einen Anwerbestopp verhängte,
lebten rund 630 000 Italiener in Deutschland. 1988 machte die italienische Wohnbevölkerung
rund 510 000 Personen aus, 1996 rund 600 000. Ende 2006 lebten
rund 535 000 italienische Staatsangehörige in Deutschland. Hinzu kommt eine
unbekannte Zahl italienischstämmiger deutscher Staatsangehöriger, zumal heute
10 MARTINI 2001, S. 52, 54, 59, 66; RIEKER 2003, S. 7, 18, 20.
Kathrin Dräger
336
auch Kinder und Enkel der ehemaligen Gastarbeiter in Deutschland leben.11
Die große Mehrheit der in Deutschland lebenden Italiener bzw. deren Vorfahren
stammt bzw. stammen aus Süditalien (einschließlich der Inseln Sardinien
und Sizilien), und zwar aus allen Teilen Süditaliens, vor allem aus ländlichen
Gebieten. 1994 lebten prozentual und absolut die meisten Italiener in Baden-
Württemberg, dann folgen (absolut) Nordrhein-Westfalen, Bayern und Hessen.
Prozentual liegt das Saarland an zweiter Stelle. In den neuen Bundesländern gibt
es kaum Italiener. In den Städten zählt München absolut gesehen die meisten
Italiener, es folgen Köln, Frankfurt / Main und Stuttgart. Die stärksten prozentualen
italienischen Bevölkerungsanteile haben jedoch Wolfsburg, Offenbach,
Solingen, Ludwigshafen und Pforzheim.12 Diese Angaben spiegeln sich in den
Verbreitungskarten italienischer Familiennamen in Deutschland wider (s. 3).
An den Familiennamen lässt sich nicht ablesen, wann die Italiener nach
Deutschland gekommen sind. Assimilationserscheinungen wie bei alten slawischen
Familiennamen in Deutschland oder französischen Familiennamen der Hugenotten
lassen sich nur schwer ermitteln, dürften jedoch nur begrenzten Umfang
haben (z. B. Biankini statt Bianchini in Deutschland mit nur einem Telefonanschluss),
weil alle Buchstaben des italienischen Alphabets auch im Deutschen
vorhanden sind und italienische Familiennamen für Deutsche in der Regel verhältnismäßig
einfach auszusprechen sind. Als der große Zustrom von Italienern
nach Deutschland einsetzte, war zudem die Bildung, Festwerdung und amtliche
Fixierung der Familiennamen in Deutschland bereits abgeschlossen.
2 Wie kann man italienische Familiennamen
in Deutschland ermitteln?
Anzunehmen ist, dass die häufigsten italienischen Familiennamen in Italien auch
in Deutschland zu den häufigsten italienischen Familiennamen gehören. Dazu
wurde eine Tabelle mit den 20 häufigsten italienischen Familiennamen in Italien
erstellt. Die Häufigkeitsliste für Italien stammt von Enzo CAFFARELLI13 und beruht
auf den Telefonanschlussdaten der Telecom Italia aus dem Jahr 1995. Hie-
11 MARTINI 2001, S. 68 f.; RIEKER 2003, S. 7, 45 f., 50 f., 100, 105 f., 108, 113; Destatis.
12 RIEKER 2003, S. 113 f.
13 CAFFARELLI 1997, S. 295–313.
Italienische Familiennamen in Deutschland
337
rauf beziehen sich auch alle weiteren Häufigkeitsangaben für Italien. Den Angaben
für Deutschland liegt die Datenbank des „Deutschen Familiennamenatlas“
(DFA) zu Grunde. Die Daten stammen aus dem Jahr 2005.14
Anmerkungen:
14 Ausführlicher dazu s. den Aufsatz von KUNZE / NÜBLING in Band 1 dieser Festschrift.
Name Rang Italien
Telef.
1995
Deutschland
Telef.
2005
Bedeutung
Rossi 1 86 892 436 ÜberN ‘rot’
Russo 2 56 822 851 ÜberN ‘rot’
Ferrari 3 49 321 204 BerufsN ‘Schmied’
Esposito 4 38 814 449 Patronym / ÜberN ‘ausgesetzt’
Bianchi 5 35 660 170 ÜberN ‘weiß’
Romano 6 32 812 428 Patronym zu Romanus
/ HerkunftsN ‘der
Römer’
Colombo 7 32 232 113 Patronym zu
Columbus
Bruno 8 28 730 417 ÜberN ‘braun, dunkel
/ ‘Patronym
zu Bruno
Ricci 9 27 633 119 ÜberN ‘lockig’
Marino 10 26 322 410 Patronym zu Marinus
/ HerkunftsN ‘am Meer
wohnend’
Costa 11 25 388 493 WohnstättenN
‘Küste, Abhang’
Conti 12 24 615 126 StandesN / ÜberN ‘Graf’
Greco 13 24 400 419 HerkunftsN ‘der Grieche’
/ ÜberN ‘schlauer
Mensch; Lügner, Betrüger’
Gallo 14 24 309 445 ÜberN ‘Hahn’ /
Patronym zu Gallus
Kathrin Dräger
338
Rossi: In Norddeutschland kommt in Einzelfällen auch ein deutscher
Herkunftsname zu dem Siedlungsnamen Rössing (Ostfalen) in Frage, bei dem
das Suffix -ing verkürzt wurde. ZODER (1968, II, S. 441) stützt diese Deutung
mit historischen Belegen wie Jasper Rossy 1558, Hein-eke Rossi 1585 =
Heineke Rossings (Gen.) 1592 u. a.15
Bruno: Die althochdeutsche Rufnamen-Kurzform Bruno blieb unter Einfluss
ihres gleichlautenden lateinischen Äquivalents auch in Familiennamen
deutscher Herkunft erhalten und ist ohne genealogische Überprüfung nicht
von den entsprechenden italienischen Patronymen zu trennen.16
Marino: Der Name kann laut KOHLHEIM/KOHLHEIM (2005, S. 445 f.) auch
spanisch sein.
Costa: Der Name kann laut KOHLHEIM/KOHLHEIM (2005, S. 174) auch spanisch,
katalanisch oder portugiesisch sein.
Gallo: Der Name kann laut KOHLHEIM/KOHLHEIM (2005, S. 265) auch spanisch
sein.
Villa: Der Name kommt laut HANKS (2003, III, S. 556) auch in Spanien vor.
Mit der Datenbank, die dem DFA zu Grunde liegt (s. o.), lassen sich auch einzelne
Namenbestandteile mit Hilfe so genannter regulärer Ausdrücke abfragen, z. B.
mit dem Ausdruck .*zz.*: alle Namen, die zz enthalten; mit dem Ausdruck .*etto:
alle Namen, die auf -etto enden. Auf diese Weise können italienische Familiennamen
anhand bestimmter typischer Endungen ermittelt werden. Dabei ist zu be-
15 S. auch KOHLHEIM / KOHLHEIM 2005, S. 557.
16 Vgl. BRECHENMACHER 1957–63 I, S. 203, 233; KOHLHEIM / KOHLHEIM 2005, S. 160; DE FELICE
1979, S. 88.
Name Rang Italien
Telef.
1995
Deutschland
Telef.
2005
Bedeutung
Giordano 15 22 267 221 Patronym zu Jordan
De Luca 16 21 711 22 Patronym zu Lukas
Rizzo 17 21 681 402 Variante von Ricci, s. o.
Mancini 18 21 177 100 ÜberN ‘Linkshänder’
Villa 19 20 040 88 WohnstättenN zu lat. villa
‘Landhaus, Anwesen’,
später ‘Siedlung’
Lombardi 20 19 907 176 HerkunftsN ‘Lombarde’
/ BerufsN ‘Kaufmann,
Bankier u. a.’
Italienische Familiennamen in Deutschland
339
achten, dass es sich nicht nur um Suffixe handelt (-ino, -ini, -etti, -ello, -elli, -ucci
sind Diminutivsuffixe, -one, -izzi sind Augmentativsuffixe;17 ausgewählt wurden
nur für Familiennamen produktive Suffixe). Auch Namen wie Bello, Belli sind
italienisch, enden auf -ello, -elli, es liegt jedoch kein Suffix vor. Zu beachten
ist außerdem, dass -ino nicht nur Diminutivsuffix ist, sondern generell Ableitungssuffix
z. B. für Herkunftsnamen (z. B. Fiorentino ‘der Florentiner’), oder es
handelt sich um Patronyme aus Rufnamen, die unsuffigiert auf -ino enden (z. B.
Martino). Aufgeführt sind im Folgenden Familiennamen mit mehr als 50 Telef.
Die Ziffer hinter dem Namen gibt die Zahl der Telef. in Deutschland an.
-ino: Barbarino 59 (Patronym zu Barbarus; Metronym zu Barbara; ÜberN ‘Barbar’),
Carlino 71 (Patronym zu Carlo, evtl. ÜberN nach einer gleichnamigen
Münze), Cimino 66 (indirekter BerufsN zu cimino ‘Kümmel’ für einen Gewürzhändler),
Cosentino 81 (HerkunftsN zu Cosenza, lat. Consentia, in Kalabrien),
D’Agostino 104 (Patronym zu Augustinus), Fiorentino 68 (s. oben), Fortino 59
(Patronym zu Forte / Fortis), Gambino 100 (ÜberN, diminuiert aus gamba ‘Bein’;
auch in Spanien und Portugal18), Guarino 65 (Patronym), Mancino 56 (s. oben),
Marino 410 (s. oben), Martino 148 (s. oben), Pellegrino 146 (Patronym zu Pellegrinus
/ ÜberN für einen Pilger), Perino 53 (Patronym zu Pero, einer Variante
von Piero / Petrus), Pino 58 (HerkunftsN zu den zahlreichen Siedlungsnamen
Pino, diese zu pino ‘Pinie’, Patronym aus Kurzformen von RufN, die auf -pe, -po
enden, mit Diminutivsuffix -ino, z. B. Giuseppino; auch in Spanien19), Rubino 85
(Patronym zu Rubino), Sabatino 93 (Patronym / ÜberN zu sabbato ‘Samstag’),
Sciortino 50 (sizilianischer AmtsN zu sciorta, sciurta ‘Wachmann’; HerkunftsN
zu Sortina auf Sizilien), Sorrentino 89 (HerkunftsN zu Sorrento im Golf von Neapel),
Sortino 64 (Variante von Sciortino), Tarantino 71 (HerkunftsN zu Taranto
in Apulien), Valentino 58 (Patronym zu Valentinus).
-ini: Agostini 89 (s. oben D’Agostino), Bellini 64 (ÜberN zu bello ‘schön’), Lentini
62 (HerkunftsN zu Lentini auf Sizilien), Mancini 100 (s. oben Mancino),
Marini 89 (s. oben Marino), Pellegrini 84 (s. oben Pellegrino), Valentini 130
17 KUNZE 2004, S. 73; NECKER 2004, S. 75–89. Weitere Suffixe und Verbreitungsangaben für
Italien: DE FELICE 1980, S. 310–332; BERARDI 2007, S. 326 f.
18 HANKS 2003, II, S. 10.
19 HANKS 2003, III, S. 97.
Kathrin Dräger
340
(s. oben Valentino). Bei Martini 2 115, Paulini 263, Nicolini 74, Albertini 54
(Patronyme zu Martinus, Paulus, Nicolaus, Albertus) handelt es sich in den meisten
Fällen nicht um italienische, sondern um deutsche, mit lateinischem Genitiv
versehene Familiennamen. Martini rangiert in Italien auf Platz 25 der häufigsten
Familiennamen.
-etti: Benedetti 62 (Patronym zu Benedictus), Brunetti 73 (s. oben Bruno), Marchetti
81 (Patronym zu Marcus), Moretti 98 (Patronym zu Mòro / Morus / Maurus),
Nicoletti 75 (Patronym zu Nicolaus), Simonetti 69 (Patronym zu Simon),
Zanetti 67 (Patronym zu Z(u)an(n)i, einer venezianischen Variante von Giovanni
/ Johannes).
-ello: Aiello 116 (HerkunftsN zu den zahlreichen süditalienischen SiedlungsN
Aiello), Bello 52 (s. oben Bellini), Cappello 56 (ÜberN / indirekter BerufsN,
diminuiert aus cappa ‘Umhang, Hut’), Castello 60 (WohnstättenN zu castello
‘Schloss, Festung’; HerkunftsN zu den zahlreichen SiedlungsN Castello), Morello
70 (Patronym zu Mòro / Morus / Maurus oder Amorello).
-elli: Belli 112 (s. oben Bellini), Borrelli 50 (WohnstättenN zu borro ‘Loch, Kuhle,
Grab’; HerkunftsN zu den beiden Orten Borrello auf Sizilien), Castelli 59 (s.
oben Castello), Martinelli 81 (s. oben), Morelli 99 (s. oben Morello), Spinelli 62
(meist Patronym zu Spinellus), Tomaselli 56 (Patronym zu Thomas), Zambelli 51
(zusammengesetzt aus Zanni [s. Zanetti] und bello ‘schön’).
-ucci: Colucci 110 (Patronym zu Nicolaus), Carlucci 65 (s. oben Carlino).
-one: Barone 130 (Patronym zu der germ. RufN-Kurzform Baro; Standes- / ÜberN
zu ‘Baron’), Capone 51 (ÜberN zu capo ‘Kopf’ oder capone ‘Kapaun’), Carbone
147 (indirekter BerufsN / WohnstättenN zu carbone ‘Kohle’; ÜberN für jemandem
mit dunkler Haut oder dunklen Haaren), Castiglione 107 (WohnstättenN
zu lat. castellio ‘Festung, kleines Schloss’), Cottone 57 (indirekter BerufsN zu
sizilianisch cuttuni ‘Baumwolle’), Falcone 174 (Patronym / ÜberN zu falcone
‘Falke’), Giannone 51 (Patronym zu Johannes), Leone 255 (Patronym / ÜberN
zu leone ‘Löwe’), Mangione 67 (ÜberN für einen Vielfraß, zu mangiare ‘essen’),
Marrone 60 (ÜberN / WohnstättenN zu marrone ‘Kastanie’), Monteleone 61 (Herkunfts-
/ WohnstättenN zu den zahlreichen gleichnamigen Toponymen), Morrone
52 (HerkunftsN zu den gleichlautenden SiedlungsN), Pavone 57 (ÜberN zu pavone
‘Pfau; Geck’), Perrone 147 (Patronym zu Petrus, s. Perino), Picone 51
(ÜberN zu pico ‘Specht’), Salamone 65 (Patronym zu Salomon), Scaglione 63
(süditalienischer ÜberN zu scaglione ‘Eckzahn eines Stiers’ für jemanden mit
langen Zähnen), Schiavone 54 (HerkunftsN zu schiavone, slavone ‘Slawe’), Tas-
Italienische Familiennamen in Deutschland
341
sone 103 (Augmentativform von Tasso; dies WohnstättenN zu ital. tasso, lat.
taxus ‘Eibe’; Patronym zur germ. RufN-Kurzform Tasso; ÜberN zu ital. tasso
‘Dachs’).
-izzi: Capizzi 54 (HerkunftsN zu Capizzi auf Sizilien), Polizzi 54 (HerkunftsN zu
Polizzi auf Sizlien), Rizzi 106 (Variante von Ricci).
Darüber hinaus können italienische Familiennamen in Deutschland auch anhand
von Graphemverbindungen ermittelt werden, die typisch für das Italienische
sind, aber im Deutschen nicht oder nur selten vorkommen. Außer den bereits
erwähnten Familiennamen kommen in Frage:
-cc-: Cacciatore 65 (BerufsN ‘Jäger’), Cocco 60 (aus dem mittelalterlichen Ruf-
und ÜberN Coccus, Bedeutung unklar), Lucchesi 64 (HerkunftsN zu Lucca in
der Toskana), Piccolo 58 (ÜberN ‘klein’), Ricciardi 69 (Patronym zu Ricciardo
/ Richard), Riccio 58 (s. Ricciardi oder ÜberN zu riccio ‘lockig’), Rocco 99
(Patronym zu Rocco / Rochus), Sacco 111 (Patronym zu Saccus / Isaak; ÜberN / indirekter
BerufsN zu sacco ‘Sack’; HerkunftsN zu Sacco in Kampanien), Sciacca
51 (HerkunftsN zu Sciacca auf Sizilien), Vacca 56 (ÜberN / indirekter BerufsN
‘Kuh’), Vaccaro 94 (BerufsN ‘Kuhhirte’), Vecchio 76 (ÜberN ‘alt’), Zaccaria 58
(Patronym zu Zacharias).
-zz-: Cannizzaro 61 (HerkunftsN zu Cannizzaro auf Sizilien; BerufsN für den
Hersteller von Rohrmatten zum gleich lautenden Appellativ), Carrozzo 65
(Wohnstätten- / HerkunftsN zu Toponymen mit carra ‘Stein’), Izzo 97 (ÜberN zu
sizilianisch izzu ‘Sklave’ oder direkt aus lat. aegyptius ‘Ägypter’, auch ÜberN für
jemanden mit dunkler Hautfarbe), Lazzaro 55 (Patronym zu Lazarus), Mazza 122
(ÜberN / indirekter BerufsN zu mazza ‘Knüppel, Vorschlaghammer’, (am) mazzare
‘töten’), Mazzei 52, Mazzeo 57 (beide Patronyme zu Mazzeo / Mat-thäus),
Mazzola 53 (Diminutiv von Mazza, s. dort), Milazzo 107 (HerkunftsN zu Milazzo
auf Sizilien), Palazzo 66 (Herkunfts- / WohnstättenN zu Toponymen mit palazzo
‘Palast’), Piazza 138 (Herkunfts- / WohnstättenN zu Toponymen mit piazza
‘Platz’), Randazzo 121 (HerkunftsN zu Randazzo auf Sizilien; Patronym zu der
germ. RufN-Kurzform Rando), Rizza 70 (s. oben Rizzi).
Gio-: Gioia 91 (Metronym / Patronym zu Gioia [fem., mask.]; HerkunftsN zu
süditalienischen SiedlungsN wie Gioia del Colle usw.), Giovanni 57 (Patronym
zu Johannes).
Kathrin Dräger
342
Giu-: Giuliani 83, Giuliano 88 (beide Patronyme zu Julianus), Giunta 85 (Patronym
aus einer Kurzform von Bonag(g)iunta), Giuseppe 52 (Patronym zu
Josef ).
Berühmte italienische Familiennamen (s. 1) wie Brentano 39 (von Brentano 6;
WohnstättenN zu dem norditalienischen Fluss Brenta), Canaris 22 (Etymologie
unklar), Adorno 11 (Patronym zu Adorno; ÜberN zu adorno, einer Raubvogelart),
Pestalozzi 3 (ÜberN ‘Knochenbrecher’ zu pestare ‘zerstoßen, zerschlagen’
und osso ‘Knochen’), die nachweislich schon seit mehreren Jahrhunderten in
Deutschland vorkommen, sind nicht nur in Deutschland, sondern auch in Italien
selten. Für Bolongaro (BerufsN ‘Bäcker’?) gibt es heute in Deutschland keinen
Telef. mehr. Farina 86 (indirekter BerufsN zu farina ‘Mehl’; auch in Spanien20)
ist jedoch auch in Italien häufig.
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