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Entwicklung der Attraktivitätsforschung [Bearbeiten]



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Entwicklung der Attraktivitätsforschung [Bearbeiten]

Geschichte [Bearbeiten]


Die systematische Erforschung der menschlichen Schönheit nahm ihren Anfang in den späten 1960-er Jahren. Zunächst waren daran vor allem US-amerikanische Sozialwissenschaftler beteiligt, die sich hauptsächlich für die Auswirkung von körperlicher Attraktivität auf die verschiedensten Arten der zwischenmenschlichen Beziehungen interessierten, etwa auf die Bereitschaft, anderen Menschen zu helfen. Während die ersten Attraktivitätsforscher noch davon ausgingen, dass Schönheit „im Auge des Betrachters“ liege, brachten die in den 1980-er Jahren durchgeführten Untersuchungen zur Urteilerübereinstimmung die Erkenntnis, dass sich unterschiedliche Menschen in ihrem Schönheitsurteil durchaus ähneln. Damit rückte nun verstärkt die Frage ins Blickfeld, welche Merkmale attraktive Gesichter bzw. Körper auszeichnen. Seit Mitte der 80-er Jahre spielen in der Attraktivitätsforschung zunehmend evolutionspsychologische Ansätze eine Rolle, die nach dem biologischen „Sinn“ von Attraktivität fragen. Bis heute ist die Evolutionspsychologie das vorherrschende (wenn auch nicht unangefochtene) theoretische Paradigma der Attraktivitätsforschung geblieben.

Aktuelle Entwicklungen [Bearbeiten]


Mit der Einführung moderner bildgebender Verfahren in die Hirnforschung halten seit Mitte der 1990-er Jahre die Neurowissenschaften Einzug in die Attraktivitätsforschung. Mit Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomographie werden die am Attraktivitätsurteil beteiligten Hirnstrukturen und die zugrundeliegenden neuronalen Prozesse erforscht. Die Suche nach den physiologischen Grundlagen des ästhetischen Empfindens geht dabei z.T. über die menschliche Schönheit hinaus und bezieht – unter der Flagge der „Neuroesthetics“ – alle Arten von ästhetischen Objekten und Erfahrungen wie etwa Kunstwerke oder Musik mit ein. Auch die Wirtschaftswissenschaften beteiligen sich neuerdings an der Erforschung der menschlichen Attraktivität. Mit Hilfe spieltheoretischer Ansätze gehen sie der Frage nach, wie soziale Austauschbeziehungen durch das Aussehen beeinflusst werden. Seit einigen Jahren erweitert sich insbesondere innerhalb der evolutionspsychologisch geprägten Attraktivitätsforschung das Konzept von „Attraktivität“ zusehends. Neben der visuellen Attraktivität von Gesicht und Körper sind nun auch der Körpergeruch, die Stimme oder auch Bewegungen zum Gegenstand der Forschung geworden. Dabei tritt zunehmend die Frage nach der Natur und Herkunft von interindividuellen Unterschieden in der Attraktivitätswahrnehmung in den Vordergrund. (Warum etwa können sich die einen Menschen gegenseitig „riechen“, die anderen nicht?)

Fragestellungen [Bearbeiten]


Die Attraktivitätsforschung beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit folgenden Fragen:

  • Inwieweit stimmen Menschen in ihrem Schönheitsurteil überein?

  • Welche Merkmale des Gesichtes bzw. Körpers werden als attraktiv empfunden?

  • Wie wirkt sich die Attraktivität eines Menschen im sozialen Kontext aus?

  • Welche Rolle spielt Attraktivität bei der Partnerwahl?

  • Welchen biologischen „Sinn“ hat Schönheit?

Bewertung von Schönheit [Bearbeiten]


Der Frage nach der Urteilerübereinstimmung bei der Attraktivitätsbewertung von Gesichtern haben sich vor allem deutschsprachige Attraktivitätsforscher (z.B. Ronald Henss) ausgiebig angenommen. Demnach ist unser Attraktivitätsurteil ungefähr zur Hälfte subjektiv, die andere Hälfte haben wir mit anderen Menschen gemeinsam. [1]. Dieser (relative) Konsens scheint kulturübergreifend zu sein, sofern die jeweiligen Beurteiler mit den in Frage stehenden Ethnien vertraut sind. Ein weißer Europäer stimmt beispielsweise bei der Bewertung eines japanischen Gesichtes weitgehend mit japanischen Bewertern überein – unter der Voraussetzung, dass er bereits „Erfahrung“ mit japanischen Gesichtern gemacht hat (also z.B. Japaner in seinem Bekanntenkreis hat). Männer und Frauen weisen in ihren Schönheitsurteilen zwar gewisse Unterschiede auf (Frauen beispielsweise sind mit guten Noten etwas zurückhaltender als Männer, insbesondere, wenn es um Männergesichter geht), im großen Ganzen stimmen beide Geschlechter aber recht gut überein (genauso wie das auch unterschiedliche Altersgruppen oder auch soziale Schichten tun).

Welche Merkmale werden als attraktiv empfunden? [Bearbeiten]






Dante Gabriel Rossetti, The Beloved (1866)
Symmetrie, kindliche Gesichtszüge und makellose Haut werden universell als attraktiv wahrgenommen.

  • Eines der für den Laien verblüffendsten Attraktivitätsmerkmale heißt Durchschnittlichkeit: Wenn mehrere Gesichter fotografisch oder computertechnisch (durch sog. „Morphing“) übereinandergelagert werden, so ist das resultierende Durchschnittsgesicht attraktiver als die Mehrzahl der Einzelgesichter, aus denen es hervorgegangen ist.

  • Als einer der stärksten Attraktivitätsfaktoren ist die Makellosigkeit der Haut experimentell gut abgesichert – je glatter die Haut, desto attraktiver wird das entsprechende Gesicht beurteilt.

  • Die Frage, ob ein Gesicht durch Symmetrie attraktiver wird, ist zwar ausführlich beforscht, die Ergebnisse sind jedoch nicht ganz eindeutig. In einigen Studien werden symmetrische Gesichter als attraktiver wahrgenommen, in anderen dagegen schneiden perfekt symmetrische Gesichter nicht besser – vereinzelt sogar schlechter - ab als weniger symmetrische. Konsens besteht allerdings darin, dass höhergradige Asymmetrien der Schönheit eines Gesichtes abträglich sind.

  • Attraktive weibliche Gesichter weisen Merkmale und Proportionen auf, die auch die Gesichter von Kindern auszeichnen: große Augen, eine hohe Stirn, eine niedrige Kieferpartie. Ob die Attraktivität dieser Merkmale mit ihrer wahrgenommenen Kindlichkeit (sog. „Neotenie-Hypothese“) zusammenhängt oder ob sich in ihr die besondere Geschlechtstypizität des Gesichtes widerspiegelt (also der Gegensatz zum männlichen Gesicht, das sich durch eine kräftigen Kiefer, eine flache Stirn und kleiner wirkenden Augen auszeichnet), ist unter Forschern umstritten.

  • Sog. „Reifezeichen“ (M. Cunningham) in Form von hohen, betonten Wangenknochen und schmalen Wangen machen Frauen- und z.T. auch Männergesichter attraktiver.

  • Beim weiblichen Gesicht wirken volle Lippen attraktiv – möglicherweise, weil sie auf einen hohen Spiegel an weiblichen Geschlechtshormonen hinweisen (die Lippen werden in der Pubertät unter dem Einfluss von Östrogen voller).

  • Die Faktoren, die ein Männergesicht attraktiv machen, sind weniger eindeutig zu definieren. Die „Männlichkeit“ eines Gesichtes (die sich in einem kräftigen, kantigen Kinn, hervorstehenden Wangenknochen und schmalen Wangen äußert) führt nicht in allen Experimenten zu höheren Attraktivitätswerten – möglicherweise, weil allzu viel Männlichkeit auch mit negativen Charaktereigenschaften wie Machismo, Aggressivität und Untreue assoziiert wird.





Odalisque von Jules-Joseph Lefebvre

Für die Figur werden folgende Attraktivitätskriterien diskutiert:



  • Das Phänomen der „Durchschnittlichkeit“ (s.o.) scheint auch beim Körper zu greifen

  • Einer der wichtigsten (und kulturübergreifenden) Attraktivitätsfaktoren beim Mann ist die Körpergröße. Die Körpergröße einer Frau dagegen ist für ihre Attraktivität unerheblich.

  • Das ideale Körpergewicht und die ideale Figur schwanken von Epoche zu Epoche und Kultur zu Kultur recht stark. Die heutige Bevorzugung sehr schlanker Frauenkörper ist im historischen und ethnographischen Vergleich eher die Ausnahme.

  • In den 1990-er Jahren wurde die „Waist-to-Hip-ratio“, also das Verhältnis von Taillen- zu Hüftumfang von dem US-amerikanischen Evolutionspsychologen Devendra Singh als Attraktivitätsmaß in die Diskussion eingeführt. Ein Verhältnis von 0,7 galt demnach als optimal. Die Universalität dieser „Konstante“ wird jedoch von neueren Untersuchungen zunehmend in Frage gestellt.

Sämtliche Schönheitsideale sind dem Wandel von Geschmack und Mode unterworfen – die den Körper betreffenden Schönheitsnormen offenbar noch stärker als diejenigen, die sich auf das Gesicht beziehen. Das heißt jedoch nicht, wie oft behauptet, dass Schönheitsideale völlig beliebig wären – wie der Blick auf herausragende Schönheiten unterschiedlicher Epochen, wie etwa Nofretete oder Michelangelos David, zeigt.

Wie wirkt sich Attraktivität im sozialen Kontext aus? [Bearbeiten]


Attraktiven Menschen werden in weitaus höherem Maß positive Eigenschaften wie z.B. Gesundheit, Intelligenz oder gute Charaktereigenschaften zugeschrieben als weniger attraktiven. Offenbar neigen Menschen dazu, ästhetische („schön“) mit ethischen Kategorien („gut“) zu vermischen. Dieses sog. Attraktivitätsstereotyp führt dazu, dass schöne Menschen in praktisch allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens positiver behandelt werden. Hübsche Kinder etwa bekommen in der Schule bessere Noten. Attraktive Erwachsene können vor Gericht mit milderen Strafen rechnen, treffen in Notlagen auf mehr Hilfsbereitschaft, und erhalten – wenn man das Attraktivste mit dem am wenigsten attraktiven Drittel der Arbeitnehmer vergleicht - um ca. 10 Prozent höhere Gehälter. Auch ein Zusammenhang zwischen physischer Attraktivität und Wahlerfolg wird mittlerweile empirisch erforscht. So gut die Wirkung des Attraktivitätsstereotyps dokumentiert ist, so wenig sind die Gründe erforscht, die zu der Gleichsetzung des Schönen mit dem Guten führen. Eine entsprechende Sozialisation – wie sie von vielen Sozialwissenschaftlern als Erklärung angeführt wird – ist eher unwahrscheinlich, da sich das Attraktivitätsstereotyp bereits im Alter von sechs Monaten nachweisen lässt. Auch die Tatsache, dass sich die Vermengung des Schönen mit dem Guten in allen Kulturen, Sprachen und Mythen nachweisen lässt, spricht gegen eine rein kulturelle Tradierung des Attraktivitätsstereotyps im Sinne von Sozialisation. Die Suche nach den biologischen Wurzeln steckt jedoch noch in den Kinderschuhen.

Attraktivität und Partnerwahl [Bearbeiten]


Bei beiden Geschlechtern gehört körperliche Attraktivität zu den wichtigsten Partnerwahlkriterien. Im Unterschied zu Männern sind Frauen allerdings eher bereit, beim Faktor „Attraktivität“ zugunsten anderer Qualitäten, insbesondere Status und Charaktereigenschaften, Abstriche zu machen. Männer dagegen lassen sich bei ihrer Partnerwahl in viel stärkerem Maß von optischen Kriterien leiten. Dieses Muster scheint sich im Zuge der stärkeren ökonomischen Gleichstellung der Frau zwar zu relativieren, ist auf dem aktuellen Partnermarkt jedoch noch weitgehend gültig. Bei Verbindungen zwischen Partnern mit unterschiedlichen sozialen Hintergründen ist es in aller Regel die Frau, die ihrem Partner in Sachen Herkunft und Bildung unterlegen ist – dafür kann sie aber ihre höhere Attraktivität in die Waagschale werfen. Bei den heutzutage häufigeren Partnerschaften zwischen Partnern ähnlicher Herkunft und Bildung ähneln sich die Partner dagegen auch in ihrer Attraktivität: Schöne Menschen haben schöne Partner, weniger schöne Menschen dagegen auch weniger schöne Partner. Die Mechanismen, die zu dieser attraktivitätsmäßigen Schichtung des Partnermarktes führen, werden derzeit anhand des sog. Speed-Dating intensiv erforscht.

Welchen biologischen „Sinn“ hat Schönheit? [Bearbeiten]


Evolutionspsychologisch orientierte Attraktivitätsforscher sehen in gutem Aussehen ein biologisches Signal. Schönheit ist demnach ein Zeichen von „Partnerqualität“, insbesondere von Gesundheit und Fruchtbarkeit. Diese sog. „Gute-Gene-Hypothese“ kann sich auf verhaltensbiologische Erkenntnisse aus dem Tierreich stützen: In vielen Arten haben die am reichsten ornamentierten Individuen nicht nur eine höhere phänotypische Qualität sondern auch eine reichlichere und gesündere Nachkommenschaft. In diesem Zusammenhang wird insbesondere der Symmetrie des Körperbaus eine besondere Bedeutung zugeschrieben. Sie wird von vielen Forschern als Zeichen von sog. „Entwicklungsstabilität“ und damit als Hinweis auf eine gute genetische Ausstattung aufgefasst. Inwieweit auch die menschliche Schönheit als Indikator für biologische oder psychologische Qualitäten fungiert, lässt sich derzeit noch nicht abschließend beantworten. Wohl lassen sich gewisse Zusammenhänge zwischen Attraktivität und anderen „Qualitäten“ feststellen – insbesondere im Bereich sozialer Fähigkeiten schneiden attraktive Menschen nach einer umfangreichen Meta-Analyse der bestehenden Literatur aus dem Jahr 2000 besser ab[2]. Bei den Faktoren „Gesundheit“ und „Fruchtbarkeit“ lassen sich jedoch klare und eindeutige Zusammenhänge bisher nicht feststellen. Was die biologische „Erklärung“ der menschlichen Schönheit angeht, steht die Attraktivitätsforschung trotz vielversprechender Ansätze erst am Anfang.

Der Halo-Effekt bei physischer Attraktivität [Bearbeiten]


Der Halo-Effekt (Thorndike, 1920; Wells, 1907) ist ein Urteilsfehler, bei dem Eigenschaften oder Merkmale einer Person, die de facto unabhängig oder nur leicht zusammenhängend sind, von der urteilenden Person als miteinander in einem direkten Zusammenhang stehend wahrgenommen werden.

Experimente [Bearbeiten]

Landy & Sigall (1974) [Bearbeiten]

Landy und Sigall (1974) wollten herausfinden, ob die Beurteilung der Leistung einer Person abhängig von deren Maß an physischer Attraktivität ist. Sie ließen Studenten Aufsätze bewerten, von denen die Hälfte „schlecht“ und die andere Hälfte „gut“ waren. Zusätzlich war an ein Drittel der Aufsätze das Foto einer attraktiven Frau, an das zweite Drittel das Foto einer unattraktiven Frau und an das letzte Drittel gar kein Foto geheftet. Sowohl die Qualität der Aufsätze als auch die Attraktivität der Frauen wurden vor dem eigentlichen Experiment anhand von Voruntersuchungen überprüft. Bei einem guten Aufsatz gab es keinen signifikanten Unterschied in der Leistungsbewertung der attraktiven und der unattraktiven Autorinnen. War der Aufsatz jedoch von schlechter Qualität und die Autorin attraktiv, wurde er besser bewertet als der schlechte Aufsatz einer unattraktiven Autorin. Somit konnte in diesem Experiment der Halo-Effekt mit Einschränkung nachgewiesen werden. Zu kritisieren ist an diesem Experiment und der Interpretation der Ergebnisse, dass es ausschließlich männliche Versuchspersonen und weibliche Stimuluspersonen gab. Damit stellt sich die Frage, ob der Halo-Effekt im Zusammenhang mit physischer Attraktivität nur dann auftritt, wenn ein Mann die schlechte Leistung einer attraktiven Frau bewerten soll. Diese Frage stellte sich auch Kaplan (1978).
Kaplan (1978) [Bearbeiten]
Experiment 1 [Bearbeiten]

Kaplan benutzte die gleiche Versuchsanordnung wie Landy und Sigall (1974) mit dem Unterschied, dass er sowohl männliche als auch weibliche Versuchspersonen die Aufsätze bewerten ließ. Damit wollte er herausfinden, ob es eine Interaktion zwischen dem Geschlecht des Bewertenden und der Attraktivität der Stimulusperson gab. Tatsächlich werteten die männlichen Versuchspersonen die Aufsätze der attraktiven Autorinnen auf, wohingegen bei den weiblichen Versuchspersonen eine Tendenz bestand, die Leistungen attraktiver Autorinnen abzuwerten, die allerdings nicht signifikant war. Im Anschluss an dieses Experiment stellte sich nun die Frage, ob es einen Unterschied mache, wenn die Stimuluspersonen, also die Autoren der Texte, männlich wären.
Experiment 2 [Bearbeiten]

Dies überprüfte Kaplan dann in einem zweiten Experiment, das wieder gleich aufgebaut war wie das von Landy und Sigall (1974), nur das jetzt nicht nur die Versuchspersonen männlich und weiblich waren, sondern die Autoren der Texte männlich waren. Heraus kam, dass männliche Attraktivität bei weiblichen Bewertenden nicht den gleichen Effekt erzeugt wie weibliche Attraktivität bei männlichen Bewertenden. Auch die männlichen Versuchspersonen, welche die Texte der männlichen Autoren bewerteten, wurden durch das Maß an Attraktivität der Stimulusperson nicht signifikant beeinflusst.

Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse [Bearbeiten]


Aufgrund der Ergebnisse dieser Experimente kann man sagen, dass

  • der Halo-Effekt dann auftritt, wenn Männer schlechte Leistungen von Frauen bewerten sollen; das bedeutet, dass attraktive Frauen bei schlechter Leistung von den männlichen Versuchspersonen besser bewertet werden als unattraktive Frauen, also das Maß an Attraktivität fälschlicherweise die Bewertung einer von der Attraktivität gänzlich unabhängigen Leistung beeinflusst

  • sowohl Männer als auch Frauen durch männliche Attraktivität in diesen Experimenten nicht beeinflusst wurden

  • weibliche Versuchspersonen in diesen Experimenten durch weibliche Attraktivität negativ beeinflusst wurden, da sie die Leistungen attraktiver Frauen tendenziell, wenn auch nicht signifikant, schlechter bewerteten als die von unattraktiven Frauen

Kritik und Ergänzungen [Bearbeiten]


Trotz der Ergebnisse dieser Experimente ist zu bezweifeln, ob es den Halo-Effekt im Bereich physische Attraktivität tatsächlich gibt. Zum Einen funktioniert er nach Kaplan (1978) nur, wenn Männer schlechte Leistungen von attraktiven Frauen bewerten, was den Geltungsbereich einschränkt, wobei die Frage, warum dies so ist, offen bleibt. Des Weiteren wurde das Experiment von Landy und Sigall (1974) von Schmitt (1992) in Deutschland repliziert, wobei der Halo-Effekt im Bezug auf die Leistungsbeurteilung der Stimulusperson nicht zu beobachten war, was die Ergebnisse von Landy und Sigall (1974) und Kaplan (1978) in Frage stellt. Somit kann man sagen, dass der Halo-Effekt im Bereich physische Attraktivität, wie unzählige andere Phänomene in der Sozialpsychologie, noch weiterer Forschung und Erklärung bedarf.

Wechselwirkungen zwischen physischer Attraktivität und schulischer Sozialisation [Bearbeiten]

Hinführung zum Thema [Bearbeiten]


Auf Grundlage bisheriger Ergebnisse aus dem Bereich der Attraktivitätsforschung lässt sich eine nicht zu unterschätzende Auswirkung bislang erforschter Phänomene auch im schulischen Kontext erwarten. Diese können sowohl die Schüler-Lehrer-Interaktion, als auch die Schüler-Schüler-Interaktion betreffen. Physische Attraktivität gilt nach Elashoff & Adams et al. als eine der potentiellen Einflussvariablen bzgl. Lehrererwartungen. Außerdem wird von Determinanten ausgegangen, wie Geschlecht, Herkunft und sozialem Status, die u.a. die Leistungsbewertung bedingen. Darüber hinaus ist natürlich auch von Interesse, inwieweit der Wert, der physischer Attraktivität von Kindern und Jugendlichen beigemessen wird, durch den schulischen Sozialisationsprozess geprägt ist. Bisherige Forschungsergebnisse stammen überwiegend aus dem anglo-amerikanischen Raum, weshalb die Übertragbarkeit auf die Zusammenhänge o.g. Phänomene an deutschen Schulen z.T. problematisch ist. Sie belegen allerdings, dass „subjektive“ und „objektive“ Attraktivität von der Kindheit bis hin zur Adoleszenz überzufällig mit sozialer Wahrnehmung, mit der Ausbildung von Einstellungen und Werthaltungen, mit Persönlichkeitsfaktoren und mit Qualität und Quantität sozialer Interaktion kovariieren (Rost).

Fragestellung [Bearbeiten]


Der sogenannte Halo-Effekt und das damit verbundene Schönheitsstereotyp „Wer schön ist, ist auch gut.“ lassen vermuten, dass die Bewertungen schulischer Leistungen bzw. intellektueller Fähigkeiten der Schüler u.a. auch durch den Einfluss der physischen Attraktivität entstehen könnten. Ebenso könnte dieser Effekt dazu beitragen, dass attraktive Schüler bei Klassenkameraden ein höheres Ansehen genießen. Die Matching-Hypothese könnte insofern eine Rolle spielen, als die Notenvergabe durch Lehrer u.a. auch von der physischen Ähnlichkeit zwischen SchülerIn und LehrerIn geprägt sein kann. Freundschaften unter Schülern könnten dabei auch mit diesem Prinzip entstehen. Darüber hinaus kann man sich fragen, ob der Kontrast- und der Radiation-Effekt auch im schulischen Alltag Auswirkungen haben.

Befunde [Bearbeiten]

Schüler-Lehrer-Interaktion [Bearbeiten]

Untersuchungen aus dem deutschsprachigen Raum zu „subjektiver“ und „objektiver“ Attraktivität liefern folgende Ergebnisse:

a) Einfluss des Geschlechts Kenealy et al. (1978) konnte nachweisen, dass Lehrer Mädchen signifikant attraktiver wahrnehmen als Jungen. Damit lässt sich die eindeutige systematische Tendenz erklären, dass Mädchen besser als Jungen beurteilt werden. Broody & Good (1974) weisen jedoch auf eine Überschätzung des Potentials und der Intelligenz der Mädchen hin.

b)Einfluss des Halo-Effekts Mehrfach konnte die Hypothese bestätigt werden, dass der Halo-Effekt auch in der Schüler-Lehrer-Interaktion zu beobachten ist. Attraktive Schüler werden dementsprechend als intelligenter, sozialer und ehrlicher wahrgenommen (Kenealy, 1980; Dion, 1972). Zusätzlich zeigte sich, dass Lehrer von der Attraktivität des Schülers/ der Schülerin auf das Interesse der Eltern schließen. Sie gehen davon aus, dass attraktive Kinder Eltern haben, die sich mehr für das Wohlergehen und das Leben ihres Kindes interessieren, als Eltern von unattraktiveren Kindern. Unattraktive Kinder erfahren signifikant mehr neutrale bis hin sogar zu negativer Aufmerksamkeit. Aloia (1975) und Clifford (1975) bestätigten mit ihren Untersuchungen, dass Lehrer an unattraktive Kinder einen geringeren akademischen Anspruch haben sowie schwächere Leistungen erwarten. Attraktive Fotokinder erhalten i.d.R. in den Fächern Musik/Kunst und Sachkunde bessere Noten. Rost merkt hierzu an, dass in den oben aufgeführten Fächern ein Mangel an „harten Beurteilungskriterien“ vorliegt. Mehrfach bewiesen, beeinflusst Schönheit vor allem dann, wenn weniger konkrete Informationen über die Person vorliegen (in diesem Fall: leistungsbezogen).
Schüler-Schüler-Interaktion [Bearbeiten]

a) Einfluss der Schulzugehörigkeit Das Attraktivitätskonzept scheint sich bereits im Kindergartenalter relativ klar gefestigt zu haben. Schulkinder schätzen Attraktivitätsunterschiede bei anderen Kindern relativ zuverlässig ein; die Kriterien, die dazu genutzt werden, sind ähnliche wie bei Erwachsenen. Vagt und Mayert konnten 1979 an einer Stichprobe von 219 Hauptschülern und Gymnasiasten der 9. Jahrgangsstufe feststellen, dass die Einschätzung der eigenen Attraktivität nicht mit der Attraktivitätseinschätzung durch Peers korreliert. Es ergaben sich jedoch Beziehungen zu anderen Variablen; abhängig vom sozio-ökonomischen Status und dem Alter der Eltern wurden die Kinder von ihren Peers als attraktiver beurteilt. Als attraktiv eingeschätzte Gymnasiasten scheinen darüber hinaus weniger Probleme mit Gleichaltrigen zu haben.

Betrachtet man nur die subjektive Attraktivtät, so zeigen sich gerade bei Hauptschülern signifikante Korrelationen zu Variablen aus dem Bereich der Persönlichkeit, Sozial- und Leistungsverhalten; d.h. je positiver die eigene Attraktivität beurteilt wird, desto weniger scheinen soziale Ängstlichkeit, Nervosität, Erregbarkeit, Gehemmtheit und emotionale Labilität ausgeprägt zu sein. Vagt folgert aus diesen Befunden, dass v.a. bei Hauptschülern das Aussehen ein entscheidendes Wert- und Selbstwertkriterium darstellt, das aber ggfs. mit steigender Schulbildung durch andere Kriterien z.B. aus dem Leistungsbereich überlagert werden könnte. In anderen Arbeiten konnte dieser Befund zwar nur z.T. nachvollzogen werden, aber hypothesenkonform zeigte sich auch hier, dass Hauptschüler zufriedener mit dem eigenen Aussehen sind und mehr Aufwand (Zeit und Geld etc.) für gutes Aussehen betreiben als Gymnasiasten.



b) Einfluss des Geschlechts Es zeigten sich in dieser Studie jedoch andere signifikante Befunde, die gerade auch in Bezug auf einen möglichen Geschlechtseinfluss von beurteiltem und beurteilendem Kind interessante Hinweise geben. So konnte gezeigt werden, dass attraktiv eingeschätzte Mädchen tendenziell aus Familien mit höherem sozio-ökonomischen Status stammen. Die Frage, die sich dabei stellt, ist, ob Eltern mit höherem Status v.a. bei Töchtern dem Aussehen einen höheren Wert beimessen, als Eltern mit niedrigerem sozio-ökonomischen Status. Die Alltagserfahrung, dass sich soziale Beziehungen u.a. auch über Attraktivität vermitteln, konnte von Rost insofern nachgewiesen werden, als attraktive Kinder, v.a. Mädchen, häufiger von Peers zum Übernachten eingeladen werden. In diesem Zusammenhang ist auch interessant, dass attraktiv beurteilte Mädchen offenbar häufiger auch introvertierte Interessen (sammeln, zeichnen etc.) haben. Die Frage, ob schöne Mädchen sich weniger um Sozialkontakte kümmern müssen, kann durch diesen Befund allerdings nicht beantwortet werden. Insgesamt weisen verschiedene Befunde darauf hin, dass Mädchen die Attraktivität Gleichaltriger generell positiver beurteilen als Jungen, und auch, dass Mädchen selbst bzgl. ihrer Attraktivität positiver beurteilt werden als Jungen.

c) Einfluss des Halo-Effekts Offensichtlich scheint sich auch oder gerade im Grundschulalter die Sympathie unter Kindern insbesondere durch das Aussehen zu vermitteln. Rost konnte zwischen verschiedenen Items, die den Kindern der Beurteilerstichprobe zur Bewertung Gleichaltriger vorgelegt wurden, signifikant positive Korrelationen feststellen. Ein besonders enger Zusammenhang, der für die Wirksamkeit des Halo-Effekts spricht, besteht zwischen den Items „Dieses Kind ist hübsch“ und „Ich mag dieses Kind“. Aber auch die Items, die sich auf die Intelligenz, die Anzahl der Freunde und die Glücklichkeit des beurteilten Kindes beziehen korrelieren eng untereinander.

Fazit und Kritik [Bearbeiten]


Wie die dargelegten Befunde zeigen, ist die Attraktivitätsforschung bei Kindern und Jugendlichen v.a. auch im Bereich Schule noch lange nicht am Ende angelangt. Z.T. widersprüchliche Befundlagen sprechen dafür, dass es keine eindeutigen Ergebnisse für Zusammenhänge zwischen Attraktivität und Variablen wie Intelligenz, Beliebtheit, Sozialverhalten etc. gibt. Vermutlich spielen gerade in diesem Forschungsbereich Interaktionen höherer Ordnung eine entscheidenende Rolle; hier bedarf es also noch weitrer Forschung. Ebenfalls nicht eindeutig beantwortet bleibt die Frage nach der Richtung bislang festgestellter Zusammenhänge zwischen Attraktivität und weiteren Variablen. Zuletzt sei darauf hingewiesen, dass es generell fraglich ist, ob die in den Studien angewendeten Operationalisierungen – es wurde fast ausschließlich mit Fotos zur Bewertung gearbeitet – valide Ergebnisse liefern können, da doch vor allem im Schulalltag einem natürlichen Umfeld eine besondere Bedeutung zufällt.

Literatur [Bearbeiten]


Kenealy, P., Frude, N., & Shaw, W. (1987). Influence of children’s physical attractiveness on teacher expectations. Journal of Social Psychology, 128, 373-383 Hassebrauck, M. & Niketta, R. (1993). Physische Attraktivität. Hogrefe, Verlag für Psychologie. Daraus: Kapitel 9 Vagt, G., Engelstädter, T., Schröder, N. & Veltrup, C. (1985). Einflüsse der Schulzugehörigkeit und des Geschlechts auf die Einstellung zu Aussehensfragen. Psychologische Beiträge, 27, 277-282

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