Maßnahmen zur Re-Integration arbeitsloser


Der „Dritte Sektor“ jenseits der Teilsysteme „Markt“ und „Staat“



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Der „Dritte Sektor“ jenseits der Teilsysteme „Markt“ und „Staat“


Mit Inkrafttreten des „Arbeitsmarktförderungsgesetztes“ (AMFG) 1969 begann in Österreich als Reaktion auf die Veränderungen des Arbeitsmarktes in Ergänzung zur lediglich auf Vermittlungsaktivitäten und Fluktuationsarbeitslosigkeit mit der Verteilung von Unterstützungsleistungen aus der Arbeitslosenversicherung ausgerichteten, so genannten „passiven“ Arbeitsmarktpolitik die Etablierung der „aktiven“ Arbeitsmarktpolitik mit dem Ziel der Förderung beruflicher Mobilität. In der Folge entstand ab Mitte der 1970er Jahre ein jenseits der beiden Funktionssysteme „Markt“ und „Staat“ situierter „Dritter Sektor“, der sich dynamisch zum relevanten Arbeitsmarkt für die überwiegend als Vereine organisierten „Social-Profit-Organisationen“ (SPO) entwickelte. Besagter dritter Sektor setzt sich wiederum aus einem bzw. mehreren Übergangsarbeitsmärkten (Stufe 2 des genannten vierstufigen Modells) sowie dem zweiten Arbeitsmarkt (Stufe 3) zusammen.

Dem Übergangsarbeitsmarkt sind die „sozialökonomischen Betriebe“ (SÖB) bzw. soziale Dienstleistungsträger zuzurechnen (vgl. DIMMEL. 2000). Die Teilnehmer in diesen, durch marktgängige Arbeitsleistung, Schulung und Training gekennzeichneten, Einrichtungen befinden sich in einem zeitlich befristeten Dienstverhältnis auf so genannten „Transferarbeitsplätzen“. Das Ziel definiert sich in einer graduell bemessenen, individuell zugeschnittenen jeweiligen Steigerung von Erwerbsfähigkeit, was gleichgesetzt wurde mit Beseitigung von Vermittlungshemmnissen und somit erfolgreicher Integration in den Arbeitsmarkt. Bei relativ gesättigten Arbeitsmärkten mit hoher „Sockelarbeitslosigkeit“ läuft dies naturgemäß keineswegs so linear und problemlos ab, wie gedacht.

Der „Zweite Arbeitsmarkt“ wiederum besteht aus „geschützten Arbeitsplätzen“ - wie z.B. im Bereich der Behindertenhilfe (vgl. BADELT/ÖSTERLE 1993; BLUMBERGER/JUNGWIRTH 1996) - sowie aus Einrichtungen, bei denen Integration in den ersten Arbeitsmarkt auf regulärem Wege nicht reibungslos erwartet werden kann. Das Ziel besteht vor allem in der sozialen Stabilisierung sowie der Vermittlung basaler gesellschaftlicher Interaktionsformen wie Kommunikations- und Konfliktfähigkeit. Dieses Segment des „Dritten Sektors“ birgt allerdings die, sich gegenwärtig in dramatischer Weise manifestierende, sozial riskante Tendenz zur Schaffung eines Raumes mit untertariflichen Entlohnungen, geringfügigen Beschäftigungen und Zwängen zur Verrichtung von Gemeinwesenarbeiten in sich (vgl. NATTER/RIEDELSPERGER. 1994: 23).

Der Unterschied zwischen beiden Teilarbeitsmärkten ist freilich nur schwer systematisch fassbar, wird unterschiedlich abgegrenzt, folgt unterschiedlichen Logiken und verschwimmt folglich in der Realität. Dem entsprechend wird die jeweilige Terminologie „Dritter Sektor“, „Übergangsarbeitsmarkt“, „zweiter Arbeitsmarkt“ oftmals synonym verwendet (vgl. DIMMEL. 2000: 52). Ein wesentlicher Unterschied lässt sich allerdings in der unterschiedlichen Gewichtung der Sozialarbeit/Sozialpädagogik im engeren Sinne in den Maßnahmen konstatieren.

Eine weitere Differenzierung lässt sich in den Anforderungen hinsichtlich Erwirtschaftung von Eigenleistungen und damit der unterschiedlichen „Marktnähe“ feststellen: Sozialökonomische Betriebe auf Übergangsmärkten müssen eine bestimmte Eigenleistung erwirtschaften, das heißt, sie müssen vermehrt die Produktivität der Transferarbeitskräfte berücksichtigen, was entsprechende Selektionen bei der Rekrutierung bedingt. Das läuft darauf hinaus, dass dort, wo der Markt real nicht (mehr) existiert bzw. sich nur mehr dessen Kostenseite in Form massenhafter „Freisetzung“ von Arbeitskräften sowie weitgehende Schließung für potentielle Dienstnehmer zeigt, dieser Markt bzw. dessen Logik simuliert wird. Dies ist vor allem im Projekttyp A der Fall. In realiter fallen Übergangs- und Zweiter Arbeitsmarkt innerhalb des dritten Sektors bzw. innerhalb derselben Organisationen indes oftmals zusammen. Es werden sowohl Transfer- als auch Dauerarbeitsplätze angeboten bzw. Komponenten beider Märkte kombiniert, wobei sich diese Verschränkung in der Regel relativ unschlüssig gestaltet.

Erhöhte Gefahr der Transintentionen durch komplexes Bedingungsgefüge


Subventionierte Arbeit als Brücke in den Regelarbeitsmarkt für benachteiligte Gruppen ist eine Reaktion auf die Auffächerung von Arbeitslosigkeitsrisiken sowie die Verfestigung struktureller Arbeitslosigkeit und auch das Anwachsen der Langzeitarbeitslosigkeit (SCHÖMANN et al. 2000:44f.). An den kritischen Übergängen des Regelarbeitsmarktes zeigt sich, dass das Geschehen nur eingeschränkt planbar bzw. kaum steuerbar ist. Der Regelarbeitsmarkt als soziale Institution ist abhängig von spezifischen Legitimationsbedingungen wie Arbeitslosenversicherung, Arbeitsschutzsystem, Sozialquote. Hier setzt das Konzept des Übergangsmarktes an, welcher als funktionales Äquivalent zum „Hinterland“ der traditionellen Subsistenzwirtschaft bzw. der sozialen Sicherung durch das Familiennetzwerk fungieren soll (vgl. SCHMID 1998: 7).

Übergangsarbeitsmärkte (inklusive des Zweiten Arbeitsmarkts) haben in der Regel mehrere Finanziers, wie AMS, Bundessozialamt, Länder, Gemeinden, was in der Folge klare Finanzierungsvereinbarungen, Standards und Procedere erfordert. In der Regel sind also verschiedene Intentionen der jeweils subventionierenden Akteure zu berücksichtigen, was weitgehende Kompromisse verlangt. Dazu kommen die Absichten und Strategien der zum einen Teil ausgewählten (vor allem im Referenzprojekt A) und zum anderen Teil zugewiesenen Teilnehmer (Referenzprojekt B), die von den unter Umständen ebenfalls divergierenden Intentionen der Projektträger, Sozialarbeiter und Trainer bzw. vom Ziel der Arbeitsmarktintegration mehr oder weniger abweichen bzw. darüber hinausgehen können. Übergangsarbeitsmärkte und die dort situierten Projekte verkörpern soweit komplexe institutionelle Arrangements mit entsprechend erhöhter Anfälligkeit für Transintentionen.

Es sollen sowohl Ansprüche an Aktivierung und Integration als auch Selbstbefähigung verknüpft werden mit der Erfüllung ökonomischer Vorgaben durch Marktstrategien. Dabei kommt es immer wieder zu Konflikten mit „der Wirtschaft“ bzw. den auf dem jeweiligen Produktions- bzw. Dienstleistungssektor agierenden regionalen Unternehmen. Dies betrifft in erster Linie den Vorwurf der „versteckten Subvention“ der seitens der auf dem „freien Markt“ agierenden Unternehmen als Billiganbieter identifizierten „Konkurrenz“ in Form sozialökonomischer Betriebe. Zudem ist die Tragfähigkeit der Übergangsarbeitsmärkte als Brücke in den Regelarbeitsmarkt nur eingeschränkt, zumal die Mehrzahl der zu Integrierenden ihre Chancen trotzdem nicht verbessern kann. Weiters sind auf Übergangsarbeitsmärkten geschaffene „Jobs“ in der Regel schlecht bezahlt, befristet und bieten oft keine marktadäquate, d.h. unmittelbar umsetzbare sowie zertifizierbare Qualifikationsmöglichkeiten. Übergangsarbeitsmärkte können unter gewissen Umständen durchaus ein essentielles Instrument der Bewältigung von Modernisierungsrisiken darstellen, z.B. als Element sozialrechtlich voll abgesicherter Flexibilisierung und Entstandardisierung der Lohnarbeit. Ihr beschränktes Funktionieren macht zugleich deutlich, dass sie trotz durchgehender Sockelarbeitslosigkeit auf hohem Niveau lediglich eine unbefriedigende Antwort auf Fragen nach Neuorganisation des Verhältnisses „Lohnarbeit versus gesellschaftlich nützlicher Tätigkeit“ repräsentieren.

Die Grundproblematik der Paradoxien, Dilemmata und Ambivalenzen der Integrationsarbeit in arbeitsmarktpolitischen Eingliederungsmaßnahmen beginnt im Bereich der sozioökonomischen Verortung der damit befassten Organisationen bereits im Dickicht der Undurchschaubarkeit und Uneinheitlichkeit des Übergangs von „Übergangsarbeitsmärkten“ über „zweiten Arbeitsmarkt“ zum „Dritten Sektor“. Dort sollen die negativen sozialen Folgen der Selektion des (ersten) Arbeitsmarktes aufgearbeitet werden, ohne selbst auch nur den geringsten Einfluss auf diesen ausüben zu können. DIMMEL (2000: 53) verweist in diesem Zusammenhang auf die Diagnose SEIBELS (1991) der „erfolgreich scheiternden Organisationen im Dritten Sektor“, in welchem ein beträchtlicher Teil der von sozialen Integrationsproblemen überlagerten Arbeitslosigkeit aufgefangen würde bzw. unauffällig in „Maßnahmenkarrieren“ versickere.

Ein weiteres Grundparadoxon liegt darin, dass mit der Kreation des „Dritten Sektors“ Arbeitsplätze für die Soziale Arbeit geschaffen wurden, die sich ausschließlich über den Verlust bzw. das Nichterlangen von Arbeitsplätzen, also über Ausschluss ihrer Klientel aus dem Arbeitsmarkt, legitimieren. Deren Exklusion aus dem Erwerbsleben bzw. Ersten Arbeitsmarkt wiederum wird durch Inklusion in den Dritten Sektor bestätigt und mitunter gefestigt. Die hinter dieser Ausgrenzung stehenden strukturellen Ursachenkomplexe bleiben dabei verschleiert und unwidersprochen. Besonders drastisch zeigt sich die damit verbundene Doppelbödigkeit im Fall der in Österreich Ende der 1990er Jahre als innovativer Lösungsansatz unter dem Titel „Integra“ angepriesenen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bzw. ähnlich strukturierter Maßnahmen nach dem deutschen Bundessozialhilfegesetz, zumal „mit der angestrebten Selbstregulation so genannter Problemgruppen durch den Einsatz arbeitsmarktpolitischer Instrumentarien (…) ein lukrativer Markt entstanden (ist), auf dem insbesondere freie Träger miteinander um Maßnahmen konkurrieren“ (EICK. 2000: 45).

Der sich vor dem Hintergrund zunehmender Exklusion von Gesellschaftsmitgliedern expansiv entwickelnde „Zweite Arbeitsmarkt“ nimmt also das „bösartige Problem Arbeitslosigkeit in der Arbeitsgesellschaft“ (vgl. TRUBE. 2000a: 5) über Non-profit-Unternehmen jenseits der Teilsysteme „Markt“ und „Staat“ in Form ambitionierter Projekte, Maßnahmen und Betrieben in Angriff. Diese sehen sich zumindest vor eine paradoxe Doppelzielanforderung gestellt: einerseits sollen sie die Erwartungen nach „Marktintegration“ (Wiedereingliederung von aus dem Arbeitsmarkt Ausgegrenzten) erfüllen, andererseits dem Anspruch nach „Sozialintegration“ (Reintegration der aus der Arbeitsgesellschaft Ausgeschlossenen in soziale Zusammenhänge sowie deren individuelle Stabilisierung) nachkommen (vgl. TRUBE. ebd.; weiters: Kap. 7.3.). In diesem Spannungsfeld zwischen produktiver Wertschöpfung und Profitkalkül einerseits und Anspruch nach sozialer Gerechtigkeit sowie Produktion öffentlicher Güter andererseits sind die Konturen des „Non-profit-Sektors“ der Beschäftigung noch unscharf und daher nur schwer zu verorten. Entsprechend sind die Erkenntnisinteressen über verschiedene Disziplinen verstreut und gibt es bisher wenig systematische Analysen dieses Sektors.



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