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Mittwoch, 14. Januar 2009 - Fest des Heiligen Basilius des Großen



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Mittwoch, 14. Januar 2009 - Fest des Heiligen Basilius des Großen

Dieser Morgen begann - wie üblich - mit dem Frühstück. Und wieder einmal war ich sehr verwundert, mit welchem Tempo die Priesteramtskandidaten dort satt werden. Nach guten 20 Minuten wird dort alles zusammen geräumt, die Tische für das Mittagessen gedeckt, so dass wir wieder einmal umziehen mussten an einen anderen Tisch. In dieser kurzen Zeit wäre ich noch lange nicht satt gewesen und hätte mich über kurz oder lang als Priesteramtskandidat dort sicherlich beschwert.

Nach dem Express-Frühstück sind wir dann in die Göttliche Liturgie des Heiligen Basilius des Großen gegangen - wieder in die Troizkij-Kirche, in der es uns sehr gut gefällt, da der Chor dort gut singt und auch der Priester und der Diakon eine gute Stimme haben, so dass dort immer eine gute und würdige Stimmung herrscht - auch wenn es manchmal vorkommt, dass irgendwo eine Baumaschine Lärm macht.

Anschließend wollten wir noch eine andere Kirche besuchen, die in der Nähe ist. Leider habe ich mich in der Straße vertan und wir sind zu unserer Überraschung bei der Isaaks-Kathedrale in der Nähe der Ermitage angekommen. Ich konnte zunächst gar nicht glauben, dass es die Kirche ist. So sind wir zurück zur Kirche gegangen, haben uns dort noch kurz auf dem Markt umgeschaut und haben uns dann an den gedeckten Tisch im Refektorium des Priesterseminars gesetzt, wo gerade das Tischgebet begonnen hatte. Und dann wurde mir beim Essen bewusst, dass wir einen Fehler gemacht haben, indem wir nicht jedes Mal zu Mittag gefahren sind, da die Küche hier sehr gut kocht und mir für mich ungewöhnliche Köstlichkeiten auf den Tisch stellte.

Nach dem Essen haben wir das Eisenbahnmuseum besucht, das wir am Vorabend im Internet gesucht hatten. Es war ein Museum, dass einen Eindruck machte, als hätte man dort in den letzten Jahren nur das Türschild ausgetauscht, das darauf hinweist, dass es ein Museum der Russischen Föderation und nicht des UDSSR ist. Sonst scheint sich dort nicht viel getan zu haben. Lediglich ein paar Fotos zu deren ICE, der derzeit in Deutschland produziert wird und dann zwischen Moskau und St. Petersburg fahren soll, hängen dort. Leider sind dort auch fast nur Modelle ausgestellt - "echte" Ausstellungsstücke wie originale Lokomotiven, die mich interessiert hätten, gab es keine. Interessant fand ich aber, dass es dort Eisenbahnmagazine zu kaufen gab - mit Bildern von der Deutsch-Niederländischen Grenzstation Bad Bentheim. Anschließend wollte mir Lena im Leninskij Cad (Leninsker Garten) Skulpturen zeigen, die aber alle winterfest in einer übergestülpten Holzkiste verharrten. So sah der Garten aus wie eine Ausstellung dieser grauen Kisten. Anschließend wollten wir wieder in die Vetschernaja - es ist ja immer noch die orthodoxe Weihnachtszeit, in der sich die Feiertage nur so häufen. Wir sind letztlich wieder in der Troizkij-Kirche gelandet, weil die Kasaner Kirche im Stadtzentrum zu einer Zeit Liturgie hat, die mit dem Abendessen kollidiert. Auf dem Weg zur Kasaner Kirche haben wir noch in der armenisch-orthodoxen Kirche hineingeschaut, deren Altarraum völlig anders aussieht als der einer Russisch-orthodoxen Kirche. Dennoch hangen dort ein paar Ikonen - mit arabischer oder griechischer Beschriftung, nur standen dort keine Kerzenständer davor. Die standen für alle Ikonen in der Mitte der Kirche. Interessant fand ich, dass manchmal drei Kerzen dicht zusammen gestellt wurden. Dieses Zeichen, das wohl die Dreifaltigkeit darstellen soll, habe ich bislang in noch keiner orthodoxen Kirche gesehen.

 

 

Donnerstag, 15. Januar 2009 - Fest des Heiligen Serafim Sarovskij



Wieder einmal ging das Frühstück in einem schnellen Tempo an uns vorüber, wobei wir dann an einem anderen Tisch in Ruhe zu Ende gegessen haben. Anschließend habe ich der Küchenfrau Bescheid gegeben, dass wir abreisen würden und mich für das gute Essen bedankt. Postwendend kam das Angebot, dass wir uns Verpflegung für die Fahrt mitnehmen könnten, was wir dann auch gerne in Anspruch genommen haben.

Anschließend waren wir wieder in der Göttlichen Liturgie, weil heute der Feiertag eines bekannten Heiligen der Kirche ist. Dort habe ich dann einige Postkarten zu verschiedenen Anlässen gekauft - unter anderem wunderschöne Weihnachtskarten, die ich im nächsten Jahr verschreiben werde. Dabei habe ich mit der Frau im Verkaufsstand unterhalten, der aufgefallen war, dass wir häufig bei denen in der Kirche waren. Nun - es ist ja nun auch so, dass wir uns dort ganz wohlgefühlt haben: Es ist dieses noch nicht fertige der Kirche, die gute und würdige Liturgie, die guten Predigten des Priesters - einfach eine tolle Stimmung.

Nach der Liturgie wurde es auch Zeit, dass wir die letzten Einkäufe für die Fahrt erledigt und uns dann von Vater Marcus verabschiedet haben, der es uns ja erst möglich gemacht hat, dass wir dort übernachten konnten. Und da bin ich wirklich sehr dankbar drüber - endlich mal wieder ganz in Ruhe schlafen und es gab richtig gutes Essen! Und dies alles in einer schönen Stadt, die bestimmt noch schöner gewesen wäre, wenn das Wetter es besser mit uns gemeint hätte.

Um 13:40 Uhr ist der Zug dann pünktlich aus dem Bahnhof gerollt und kam pünktlich um 21:54 Uhr im Kursker Bahnhof in Moskau an. Die Fahrt ist recht schnell vergangen, weil ich viel meinen philosophischen Text mit Elena übersetzt habe. Leider ist der halbe Zug auf mich aufmerksam geworden, so dass wir immer wieder Gäste hatten, die sich zu uns setzen und mit mir einen trinken wollten. Das habe ich aber alles abgelehnt - den Urlaub wollte ich schon würdig beenden.

Als ich gegen 23 Uhr zurück im Wohnheim war, wartete ein Stapel Post auf mich und dann musste ich einigen Mitbewohnern meiner Etage von St. Petersburg erzählen. Und letztlich habe ich noch Zeit gefunden, ein wenig im Tagebuch zu schreiben.

Nun bin ich an diesem Abend froh, ein paar Tage der großen Stadt Moskau entkommen zu sein und dass ich mal etwas anderes gesehen und entdeckt habe. Es war fast wie eine Reise nach Europa - vieles war wie in einer europäischen Großstadt. Nur haben wir es leider nicht geschafft, einen kleinen Ausflug ans Meer zu machen - dafür war die Zeit nicht da und das Wetter zu schlecht. Und über das möchte ich mich auch nicht zu sehr beschweren, weil es immerhin nicht so kalt war, dass man es hätte nicht aushalten können draußen. Lästig war am Anfang nur der Dreck in den Straßen, der durch den tauenden Schnee hervorgerufen wurde. Hatten meine Freunde vor ein paar Wochen noch gefroren, so sah die Stadt mittlerweile sicherlich völlig anders aus. Ich bin aber auch froh, dass wir keine Probleme ohne Registrierung in Sankt Petersburg hatten. Uns ist ja nahegelegt worden, dem Milizionär zu sagen, dass wir einen Tag zuvor per Autostop in die Stadt gekommen wären, sollte es Probleme geben. Ich habe mich aber auch zurückgehalten, was das fotografieren in der Metro oder an anderen problematischen Orten angeht.

 

 

Freitag, 16. Januar 2009



Der Tag heute ist eigentlich mit drei Wörtern trefflich zu beschreiben: Erholung vom Urlaub. Und dennoch habe ich heute so einiges gemacht: Nach dem Aufstehen am Vormittag habe ich im Tagebuch geschrieben, wo ich schon seit einigen Tagen nur Stichpunkte gemacht hatte. Zudem habe ich ein paar Urlaubsbilder dort hineingestellt. Kurz vor der Fahrt in die Stadt habe ich noch ein paar Mails geschrieben und die wichtigsten der letzten Tage beantwortet und bin dann zu Tisch in die Universität gefahren. Anschließend habe ich ein Geschenk gekauft, was mich wohl noch einige Zeit weiterbeschäftigen wird, da es mit einer Heiligen zu tun hat, die irgendwo in der Bibel zu finden sein muss. Nur weiß bislang noch keiner, wo genau. Nach dem einkaufen war ich recht lange im Internet und habe lange mit Oma und meiner Familie telefoniert und ihnen von St. Petersburg erzählt und auch ein paar Neuigkeiten aus der Heimat erfahren. Dann war ich noch bei der Post, wo ich über 40 Minuten warten musste und bin dann wieder ins Wohnheim gefahren, wo ich dann weiter das aufgearbeitet habe, was ich die letzten fünf Tage nicht geschafft habe. Das ist doch mehr, als ich gedacht hatte. Vor allem ist mir aufgefallen, dass ich schon wieder jede Menge Glückwunschkarten schreiben muss für Geburtstage und Namenstage, die in naher Zukunft so anstehen. Und so war es eigentlich doch wieder keine Erholung von der Erholung in St. Petersburg.

Samstag, 17. Januar 2009

Was gibt es von dem Tag heute zu berichten...? Eigentlich nicht viel. Ich habe ein paar Geburtstagsgeschenke gekauft und bin dann in der Mensa essen gewesen und habe dort alles für die Post fertig verpackt in Umschläge, die aus meiner Sicht noch verwertbar waren und bin dann zur Post gefahren. Und dort wurde ich dann ausgeschimpft und von einem Schalter zum anderen geschickt, bis mir dann jemand gesagt hat, dass ich alles wieder auspacken solle, weil alles in neue Umschläge gepackt werden müsse. So musste ich dann die Etiketten neu beschriften und auch hier will es jede Postbeamte immer anders haben: Mal in lateinischen Buchstaben, dann wiederum in kyrillischen und manchmal alles auf englisch. Ich steige da mittlerweile nicht mehr durch. So habe ich heute wieder mehr als eine Stunde für zwei Briefe in der internationalen Post verbracht. Das ist eine grausame Truppe dort.

Als ich dann wieder im Wohnheim war, habe ich einige Mails geschrieben und habe das DAAD-Stipendiaten-Treffen vorbereitet - in dem Sinne, dass ich geschaut habe, wo ich überall hinmuss. Und im gleichen Atemzug habe ich mich darüber geärgert, dass es genau an dem Fest "Taufe des Herrn" stattfindet, was doch eigentlich das interessanteste Kirchenfest ist. Nun will ich hoffen, dass ich noch eine Gemeinde finde, die morgens früh mit der Liturgie anfängt und zu einem Fluss oder See geht, so dass ich recht früh zu dem Treffen komme. Für den Vormittag habe ich frei erhalten. Eigentlich bin ich recht froh darüber, denn die Vorträge klingen für mich nicht besonders interessant. Ich hoffe, dass es doch schöner wird, als ich bislang darüber denke.

Anschließend bin ich zur Heiligen Messe in die katholische Kirche gefahren und als ich zurück war, habe ich wieder jede Menge Mails geschrieben, die es noch zu beantworten galt. Eigentlich wollte ich noch etwas übersetzt haben, noch ein paar Bilder ins Tagebuch gesetzt haben, aufgeräumt haben, in einem Buch gelesen haben, und, und, und. Und wieder einmal hat der Tag nur 24 Stunden, die hinten und vorne nicht ausreichen wollen.

Das Wetter scheint wieder kälter geworden zu sein, zumindest hat das Thermometer am Wachhaus immer Temperaturen knapp unter Null Grad angezeigt. Gerade in den letzten Tagen sind die Eiszapfen an allen möglichen Häusern gewachsen - sie sind einfach nur beeindruckend. Aber leider auch gefährlich - man muss ziemlich aufpassen, dass man von Eis nicht erschlagen wird, dass von irgendwelchen Dächern herunterfällt. Dafür sind an einigen Stellen die Gehsteige gesperrt. Jetzt muss ich also nicht nur auf die Glätte achten, sondern auch noch auf Eis, das von oben herabfallen könnte. So wie Marcus mir in Sankt Petersburg erzählt hat, sind wohl ein paar Leute in diesem Jahr dort schon vom Eis erschlagen worden. Das bleibt mir hoffentlich erspart und vorbeugend will ich lieber gut aufpassen.
 

Sonntag, 18. Januar 2009

Den Morgen dieses Sonntages habe ich dazu genutzt, weiter an meinem philosophischen Text zu übersetzen, was gar nicht so einfach ist. Wenn der Text von den Wörtern erst einmal übersetzt ist, dann muss daraus immer noch ein Satz werden. Und philosophische Texte haben mir noch nie so richtig liegen wollen. Sie geben mir oft den Eindruck, dass der Autor wenig sagt mit vielen Worten oder es zumindest auch einfacher formulieren könnte ohne viel Aufwand. Gegen Mittag habe ich mir dann eine Tütensuppe gemacht und dort ein paar Würstchen hereingeschnitten, die bei mir im gefrorenen Zustand ihrem Schicksal verharrten. Sie sind noch von Fabian, einem von Ludgers Freunden. Da das Fest "Taufe des Herrn" bevorsteht, war ich nicht in der Göttlichen Liturgie am Morgen. Am frühen Nachmittag bin ich dann zu Elenas Gemeinde gefahren, um dort wenigstens einen Teil der Vetschernaja zum anstehenden Fest mitzubekommen. Dort angekommen, traf mich fast der Schlag - in der Kirche ging es zu wie in einem Taubenschlag: Es standen drei Kessel mit geweihtem Wasser in der Kirche, wo drei Frauen in weißen Kitteln und Kopftüchern fleißig die immer nachwachsende Schlange zu bekämpfen versuchte, die Heiliges Wasser haben wollte. Und im Laufe der Vetschernaja, die die gleichen Züge trug wie am Heiligen Abend, kamen immer mehr Leute in die Kirche, die sich immer mehr füllte. Gegen 17:15 Uhr musste ich dann die Gemeinde leider schon wieder verlassen, weil ja das Treffen von meinem Stipendiengeber, dem Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) bevorstand. Ich war ziemlich missmutig, dass ich dort hin  musste und dadurch Teile des Festes "Taufe des Herrn" verpassen würde. Als ich dort nach einer guten Stunde und ein paar Fragen nach dem Weg dort angekommen bin und eine lockere Atmosphäre vorstand, wichen alle schlechten Gedanken und Freude machte sich breit. Nun hatte ich gehofft, auf diesem Treffen nicht im Mittelpunkt zu stehen - dies hat mal wieder nicht geklappt. Kurz nach der Begrüßung und Vorstellung beim Abendessen setzte sich der Leiter des DAAD-Büros in Moskau zu uns an den Tisch und wollte hat sich gleich mit dem Wort "Exot" an mich gewendet. So wie es scheint, bin ich der erste seiner nunmehr fünfjährigen Amtszeit, der hier orthodoxe Theologie studiert. Er hatte zwar schon von der Universität gehört, an der ich studiere und konnte sich auch vorstellen, wer unser Rektor ist, aber sonst keine weitere Ahnung. So scheint der DAAD an Kontakten zur Universität interessiert zu sein, insbesondere weil es intensive Kontakte nach Berlin zur Humboldt-Universität gibt. Gegen 21:15 Uhr haben wir das Haus des Goethe-Institutes, die ehemalige Botschaft der DDR, verlassen und sind nach Hause gefahren. Ich habe den Eindruck, dass ich es hier mit einer Gruppe zu tun habe, die eines verbindet: Die Liebe und das Interesse zu Russland, und dementsprechend gab es auch jede Menge interessante Gespräche und Erfahrungsaustausche.



 

Als Du im Jordan getauft wurdest, oh Herr, wurde offenbar die Anbetung der Dreifaltigkeit. Denn des Erzeugers Stimme gab Dir das Zeugnis und nannte Dich den geliebten Sohn. Und der Geist in Gestalt einer Taube verkündete des Wortes Untrüglichkeit. Der Du erschienen bist, Christus, als Gott, und die Welt erleuchtet hast, Ehre sei Dir. (Troparion 1. Ton)

Montag, 19. Januar 2009 - Kreschschenie (Taufe des Herrn)
Du erschienst heute der Welt, und Dein Licht, o Herr, ward auf uns gezeichnet, die wir in der Erkenntnis Dir lobsingen: Du kamst, Du erschienst, das unnahbare Licht. (Kondakion, 4. Ton)
Am gestrigen Abend habe ich mich entschieden, zu sieben Uhr zur Fakultätskirche zu fahren, um dort die Göttliche Liturgie zum Fest mitzuerleben. So bin ich um viertel vor sechs aus dem Bett gefallen, habe schnell gefrühstückt und bin dann schnellsten Weges zur Kirche gefahren, wo die Liturgie schon im vollen Gange war - sie war schon um 6:30 Uhr angefangen. Zu meiner Überraschung waren vier Priester und drei Diakone dort anwesend, so dass alles in einem sehr feierlichen Rahmen gehalten wurde. Während der Liturgie fragte mich einer der Mädchen, die in die Kirche halfen, ob ich nach der Liturgie nicht auch helfen könne. Ich habe für eine Stunde zugesagt, obwohl ich nicht wusste, was auf mich zukam. Bis zur Eucharistie war die Kirche dann auch sehr voll, was die Bedeutung des Festes noch einmal wieder spiegelt - es wird in etwa den gleichen Status haben wie Weihnachten. Zum Ende der Liturgie wurde dann das Wasser gesegnet - es wurde eine Lesung und das Evangelium gelesen, jeder Priester segnete das Wasser und danach noch einmal, indem sie ein Kreuz in das Wasser tauchten. Dazu stand ein großer Bottich in der Kirche, mit einem Kreuz, aus dem wie ein kleiner Springbrunnen Wasser sprudelte. Und dann wurden wir mit dem Wasser gesegnet - in üblicher Form mit einem Pinsel - nur ging der Priester dieses Mal sehr langsam durch die Reihen und so wurde jeder ausreichend gesegnet. Anschließend wurde mir eine Schürze umgebunden und Armmanschetten umgelegt und dann wurde ich nach draußen geschickt, wo schon viele Leute in einer langen Schlange darauf warteten, aus einem großen Becken Wasser in Flaschen und andere Behälter gefüllt zu bekommen. So habe ich dann etwa eine Stunde bei -5°C und leichten Schneefall draußen gestanden und unzählige Flaschen gefüllt. Masha und ihre Schwester haben mir dann dabei geholfen. Und die Schlange wollte überhaupt kein Ende nehmen. Und das Wasser in dem Bottich wurde auch nicht weniger - obwohl ich keinen Zufluss "auf die Schnelle" gesehen habe. Einmal war das Becken halb leer, bis es dann auf einmal wie mit Geisterhand wieder randvoll war. So wird wohl, wie in der Gemeinde "Hl. Märtyrerinnen Vera, Nadjeschda, Ljuba und Mutter Sofia" Schläuche quer durch die Kirche gelegt und mit Teppichen versteckt waren, eine ebensolche Einrichtung versteckt gewesen sein, die ich aber nicht gefunden habe. Es war nur fürchterlich kalt und nach der Stunde waren meine Hände ganz schön kalt.

Dann bin ich zum Treffen mit dem DAAD aufgebrochen zum Deutsch-Russischen Haus, dass zu finden etwas leichter war als den Treffpunkt am vorigen Abend. Zuerst haben wir Vorträge zum russischen Lehrsystem gehört und dazu diskutiert, danach hat ein hoher Mitarbeiter der Wintershall AG von den Förderprojekten in Russland erzählt und dabei versucht, alle Zusammenhänge in dem Bereich zu erklären und dabei als Gasförderungsstellen sowohl Leer und Jemgum in meiner Heimat genannt, wo ich natürlich ein wenig stolz drauf war. Anschließend war der Leiter des Büros der Friedrich-Ebert-Stiftung dort und hat uns von seiner Arbeit berichtet - und vor allem auch von seinen Schwierigkeiten. Nach dem Mittagessen sind wir zu Mosfilm aufgebrochen, wo wir eine Führung im "russischen Stil" - also freundlich, aber ebenso schnell und recht heruntergeleiert gehört haben. Hier wurden schon während der Sowjetzeit bedeutende Filme gedreht, von denen wir einige Requisiten gesehen haben. Auch in einige Filmstudios haben wir geschaut, was aber recht uninteressant war, da dort nur viel Metall oder eben gar nichts herumstand. Etwas interessanter war die Sammlung alter Fahrzeuge und vor allem die Stadt aus Pappmaché, die das alte Moskau darstellte und täuschend echt gemacht war. Im Anschluss sind wir zur deutschen Botschaft gelaufen, wo ich dann erstmals seit dem 26. August 2008 deutschen Boden betreten habe - mit dem Hinweis am Tor, dass dort die StVO herrsche. Spätestens da wusste ich, dass ich nicht mehr in Deutschland bin. Dort haben wir einen kleinen Einblick in die Arbeit und die Aufgaben der Botschaft bekommen. Anschließend gab es noch ein Abendessen und der Abend ist dann gegen 21 Uhr mit dem gemütlichen Zusammensein und Erzählen zu Ende gegangen. Beim Warten auf den Trolleybus habe ich mich mit zwei Studentinnen verabredet, die morgen gerne mit mir eine Kloster- und Kirchenexkursion machen möchten. Auf dem Treffen herrschte, auch wenn ich es gerne anders gehabt hätte, ein großes Interesse an meinem Studienfach, weil den Bereich nur die wenigsten kennen. Als aus der Metro alle ausgestiegen waren, fuhr noch ein Mädchen eine Station weiter, die nun vielleicht mit mir eine einstündige Radioreportage machen möchte, um die Kirche und mein Studium hier in Russland etwas näher vorstellen möchte. Da bin ich noch sehr gespannt, was das so wird, wenn es klappt.

Am Kursker Bahnhof habe ich dann eine Gruppe von Studentinnen gesehen - eine davon mit Gepäck, das ich dann bis zum Wohnheim getragen habe. Und im Wohnheim sind die allermeisten jetzt wieder zurück - es ist also der alte Zustand wieder hergestellt, mit der Ruhe wird es jetzt eine Zeit lang vorbei sein.   
Nun sind die Feiertage auch schon wieder vorbei, morgen wird die Vorlesungszeit mit einer längeren Konferenz eingeleitet. Wie blicke ich auf diese Zeit zurück? Anfangs hatte ich ein paar Sorgen, dass das Weihnachtsfest für mich traurig sein und ich Heimweh haben könnte. Nichts dergleichen ist geschehen, nur Silvester war eine kleine Enttäuschung. Doch ich will mich nicht beklagen, denn dafür war das orthodoxe Weihnachtsfest in der Familie Rauschenbach sehr schön und hat mir sehr viel Freude bereitet. Aber auch das katholische Weihnachtsfest war bis auf die Heilige Messe ganz in Ordnung. In den Tagen dazwischen habe ich etwas Zeit gefunden, mich zu erholen und etwas zu entspannen, konnte Moskau mit meinen Freunden aus Deutschland auch mal von der touristischen Seite entdecken und bin nicht, wie sonst üblich, nur an den Schönheiten der Stadt vorbeigelaufen. Entspannend war vor allem auch die Ferienzeit, in der Moskau viel ruhiger und stressfreier war als sonst - es schoben sich nicht die Menschenmassen durch die U-Bahn und auch die Straßen waren teilweise wie leergefegt. Dazu kam dann noch, dass im Wohnheim auch eine ungewöhnliche Ruhe herrschte, die jetzt in den letzten beiden Tagen wieder abgenommen hat. Die meisten sind also wieder angereist und bereiten sich auf die zweite Halbzeit ihres Kurses vor. Auch der Urlaub in Sankt Petersburg war für mich eine Zeit der Erholung - insbesondere von Moskau. Generell hatte ich in dieser Phase mal Zeit für mich, konnte auch mal alleine sein und die Stille genießen. Jetzt bin ich momentan traurig, dass die Zeit der Ruhe schon wieder vorbei ist. Ich hatte mir für die Ferien viel mehr vorgenommen, als ich dann letztendlich geschafft habe. So hätte ich viel mehr für meine Hausarbeit übersetzt haben wollen und noch etwas mehr Russisch lernen wollen. Aber ich will letztlich zufrieden sein, denn es war doch eine ruhige Zeit, die ich erleben konnte. In den nächsten Tagen und Wochen steht für mich jede Menge Arbeit an, die ich noch zu bewältigen habe: Da ist zum einen der Bericht an den DAAD, der geschrieben werden will und auf der anderen Seite will ich weiter meiner Hausarbeit vorbereiten. Den Philosophen zu übersetzen bedeutet doch eine Menge Arbeit, ist aber auch ganz gut für die Sprache und sehr informativ.

Wenn ich mir die Frage stelle, wie es mir momentan geht, dann bin ich etwas zweigeteilt: Einerseits fühle ich mich nach wie vor sehr wohl und freue mich auf jeden Tag, den ich hier erleben kann, aber andererseits macht sich eigenartigerweise nach dem DAAD-Treffen mit den ganzen Deutschen eine etwas traurige Stimmung breit - ich glaube, dass auch ein bisschen der Drang mit dabei ist, wieder die Heimat zu sehen. Aber andererseits möchte ich nach wie vor so gar nicht von hier weg und dann in jedem Fall noch gerne hier bleiben. Es ist im Moment alles sehr gemischt und bei mir ein wenig durcheinander. Manchmal habe ich auch das Gefühl, mich ein wenig aus dem Mittelpunkt stellen zu wollen, in dem ich mich ja schon fast zwangsweise an der Universität befinde - andererseits genieße ich es aber auch. In diesem Stimmungswirrwarr will ich jetzt versuchen, optimistisch und freudig nach vorne zu schauen. Denn eigentlich bin ich doch nach wie vor glücklich, dass ich hier sein kann und bin über jeden Tag dankbar, den ich hier erleben darf.

Was die Sprache angeht, war es schon fast wie Balsam für die Seele, dass ich bei dem Stipendiatentreffen viele getroffen habe, die in dieser Beziehung mit mir gleich auf sind, wenn sie sich fachlich jedoch auch spezialisiert haben. Bei den Besuchen aus Deutschland habe ich sehr oft zu hören bekommen, dass meine Sprachkenntnisse enorme Fortschritte gemacht haben müssen. Das habe ich nach wie vor abgewiegelt, weil ich noch lange nicht damit zufrieden bin, was ich bislang erreicht habe. Dennoch ist es mittlerweile so, dass ich oft ohne überlegen auf Russisch rede. Ich brauche nicht mehr so häufig nach Wörtern suchen wie am Anfang bzw. wie in den ersten Wochen und auch die Grammatik ist fließender geworden. Ebenso habe ich den Eindruck, dass viele Einheimische zuerst denken, dass ich ebenfalls ein Russe sei und erst im zweiten Moment merken, dass ich die Sprache doch gar nicht so gut kann. Insbesondere wenn ich mir auf der Straße oder U-Bahn ein wenig "herumbrummele", dann entsteht dieser Eindruck. Von der Göttlichen Liturgie verstehe ich auch langsam immer mehr, was dort gesungen wird, dies sind aber eher Fragmente, die ich erkennen kann. Es geht aber schon weit über die ständigen Wiederholungen hinaus, die ich natürlich längst übersetzt und mir eingeprägt habe. Dennoch ist es bis dahin, wo ich hin will, noch ein langer, langer Weg.

Letztendlich möchte ich sagen, dass die Gefühle momentan sehr gemischt sind, ich aber durchaus positiv auf die kommende Zeit blicke und mich darauf freue. Ich empfinde nach wie vor große Dankbarkeit, dass ich hier sein kann, dass ich hier so gut aufgenommen worden bin, dass ich das Stipendium erhalte und das bislang alles ohne große Zwischenfälle, die den üblichen Rahmen sprengen würden, abläuft. Und letztlich bin ich auch ein wenig traurig, dass nun schon die zweite Halbzeit des Studiums hier anfängt. Es ist für mich ein wenig, als wenn das Ende schon näher rückt - es ist wie der Anfang vom Ende.



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