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5
Familiennamen aus fi nnougrischen Sprachen
423
MARKO MEIER
Die finnischen Familiennamen in Deutschland
1 Einleitung
Zum gegenwärtigen Zeitpunkt leben etwa 13 200 Finnen dauerhaft im Bundesgebiet,
die meisten von ihnen, etwa ein Drittel, in Nordrhein-Westfalen.1 Gemessen
an der Tatsache, dass sich etwa 1 738 000 türkische oder 534 657 italienische
Staatsbürger in Deutschland aufhalten,2 ist diese Zahl zugegebenermaßen sehr
gering, die jahrhundertelangen teils intensiven Beziehungen zum Ostseenachbarn
Finnland und die im Vergleich zu den indogermanischen Sprachen sehr ungewöhnliche
Sprache wecken jedoch Interesse an der finnischen Familiennamenlandschaft.
Einen Seitenblick wert ist auch die besondere historische Entwicklung der
Familiennamen, denn ein Großteil der finnischen Bevölkerung trug bis ins 19.
Jahrhundert hinein keinen festen Familiennamen bzw. eine schwedische Namenform
(vgl. Abschnitt 7).
Der vorliegende Beitrag basiert auf den Familiennamen der dauerhaft in
Deutschland lebenden Mitglieder der Deutsch-Finnischen Gesellschaft e. V., wobei
zunächst 1 097 Namen berücksichtigt wurden. Nach Ausschluss der Namen
schwedischen Ursprungs3 und der Mehrfachnennungen verblieben 726 Namen,
die eine repräsentative Auswahl der 50 029 bekannten finnischen Familiennamen4
darstellen.
Ein komplexer Überblick über alle Aspekte des finnischen Namensystems
kann an dieser Stelle freilich nicht gegeben werden. Hier soll der Schwerpunkt
auf der Namenbildung und den Besonderheiten des neuen Typs der im 19. Jahrhundert
entstandenen finnischen Familiennamen liegen.
1 Nach Auskunft der Finnischen Botschaft in Berlin, Stand 2005.
2 Quelle: Statistisches Bundesamt, Stand 31. 12. 2006.
3 Schwedisch ist die zweite Amtssprache in Finnland. Zudem tragen auch zahlreiche Finnen einen
schwedischen Familiennamen.
4 PAIKKALA / MIKKONEN 2006, S. 36, Stand 1998.
424
Marko Meier
2 Die deutsch-finnischen Beziehungen seit dem Mittelalter
Die Kontakte zwischen Deutschland und Finnland reichen bis ins Mittelalter zurück
und wurzeln neben wirtschaftlichen Beziehungen vor allem in Gelehrtenkontakten.
Seit dem Ende des 14. Jahrhunderts bevorzugten finnische Studenten
und Gelehrte deutsche Universitäten, wie etwa Prag und im 15. Jahrhundert die
neu gegründete Universität Leipzig. Mitte des 15. Jahrhunderts verzeichnen zudem
die Universitäten in Rostock und Greifswald einen wachsenden Zuspruch
von finnischen Gelehrten.
Nicht nur in wissenschaftlicher Hinsicht bildeten sich Beziehungen heraus,
auch die wirtschaftliche Expansion der Hanse brachte deutsch-finnische Kontakte,
insbesondere zum südwestfinnischen Raum mit der Hafenstadt Turku,
schwedisch Åbo.
Im Zuge der Reformation wurden überwiegend deutsche Texte rezipiert5, und
dieser literarische Einfluss sollte sich bis in die Neuzeit hinein fortsetzen. Die
intensivsten Beziehungen zwischen Deutschen und Finnen entwickelten sich in
den heute zu Russland gehörenden Gebieten um Viborg6 und St. Petersburg im
so genannten Altfinnland.7 Vor allem das von den Finnen bevorzugte deutsche
Bildungssystem sorgte für einen starken auch sprachlichen Kontakt, und im 19.
Jahrhundert wurden die Grundlagen der deutschen Pädagogik weitgehend übernommen.
Deutsch wurde für finnische Wissenschaftler und Gelehrte zur wichtigsten
Sprache des 19. Jahrhunderts.8
Wichtig für die Ansiedlung von Finnen im Bundesgebiet und somit für die
Präsenz finnischer Namen im Deutschen waren die seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts
auflebenden Handelsbeziehungen beider Länder. Bis in die 1930er Jahre
hinein war Deutschland Finnlands wichtigster Handelspartner und verdrängte
Russland aus dieser Position. Auch im Tourismusbereich entwickelten sich die
5 82,4 % der Finnen gehören der evangelisch-lutherischen Kirche an; Quelle: The Evangelical-
Lutheran Church of Finland; Stand 2007, http://www.evl.fi/english/ (02.10.2007).
6 Schwedisch; russisch Âûáîðã, finnisch Vipurii, deutsch Wiburg.
7 Finnland blickt auf eine sehr wechselvolle Geschichte zurück. Bis zum 19. Jahrhundert war es
Bestandteil des Königreichs Schweden, bevor es in mehreren Kriegen an Russland fiel und in
der Folgezeit als Autonomes Großfürstentum Finnland weitgehende politische Unabhängigkeit
genoss. 1917 erklärte das Land seine Unabhängigkeit und erhielt 1919 eine republikanische Verfassung.
8 Die St. Petri-Schule in St. Petersburg beschäftigte bspw. im Jahre 1873 58 Lehrer, von denen 24
deutscher, 18 finnisch-schwedischer und 16 russischer Muttersprache waren.
425
Die finnischen Familiennamen in Deutschland
Deutschen zur Hauptzielgruppe und blieben dies bis heute. Umgekehrt wurde
auch Deutschland zum beliebten Reise- und auch Auswandererziel für Finnen.
Alles in allem ist die Zuwanderung aus Finnland nach Deutschland sehr jung,
die fast ausschließliche Konzentration auf dem Gebiet der früheren Bundesrepublik
spricht für eine wirtschaftlich geprägte Immigration vor allem in der zweiten
Hälfte des 20. Jahrhunderts. Großstädte wie Berlin und Hamburg weisen erwartungsgemäß
die größte Dichte an finnischen Familiennamen auf, Hamburg als
Seehandelszentrum blickt auf eine lange Geschichte deutsch-finnischer Beziehungen
zurück.
Abb. 1: Absolute Namensverteilung der finnischen Familiennamen in Deutschland (A–K)9
9 Erstellt mit Kreiskartograph Geogen 2.2, http://christoph.stoepel.net/geogen.aspx (02.10.2007).
426
Marko Meier
3 Die finnische Sprache
Das Finnische zählt zu den finno-ugrischen Sprachen und ist am nächsten mit
dem Estnischen, Karelischen, dem Wepsischen, Lüdischen, Wotischen und Livischen
verwandt.
Die frühesten finnischen Texte stammen aus dem 16. Jahrhundert und wurden
von Mikael Agricola (1509–1557), Bischof von Turku, verfasst, der auch als
Begründer der finnischen Schriftsprache gilt. Das heutige Finnisch entwickelte
sich auf der Basis der verschiedenen Mundarten: der schwedisch-finnischen Dialekte,
der südwestlichen Mundart, der südwestlichen Übergangsmundart, der
Häme-Mundart, der südostbottnischen Mundart, der mittel- und ostbottnischen
Mundart, der nordfinnischen Mundart, der Savo-Mundart und der südöstlichen
Mundart.10
Markant ist, dass sich das heutige Finnisch so gut wie nicht von seiner mittelalterlichen
Form unterscheidet. Die einzige stattgefundene Lautentwicklung
wurde etwa 100 Jahre später rückgängig gemacht. Es ist demzufolge möglich,
den Ursprung der Familiennamen weitestgehend aus ihrer heutigen Form heraus
zu ergründen, da diese auch lautlich einen jahrhundertealten Wort- und Namenschatz
widerspiegeln.
4 Frühe finnische Bei- und Familiennamengebung
Der früheste urkundliche Beleg eines finnischen Familiennamens stammt aus
dem Jahre 1215. In der Quelle „Henrici Chronicon Livoniae“ wird ein Priester
mit Namen Petrus Kakuwalde erwähnt, dessen Name als Kaukovalta oder Kaikkivalta
zu rekonstruieren ist.11 Die wichtigste frühzeitliche Namenüberlieferung,
die wegen der mit 25 Namennennungen aus der Region Häme, schwedisch Tavastland,
recht großen Anzahl von urkundlichen Belegen von Bedeutung ist, ist
die Papstbulle Benedikts des XII. aus dem Jahre 1340.
Die hier genannten Namenformen spiegeln das wesentliche Element des
finnischen Familiennamensystems wider: die Mehrheit der Namen enthält den
Rufnamen in Verbindung mit der Angabe der Wohnstätte (Dorf / Hof), Ruf-
10 KARLSSON 2000, S. 14 f.
11 VAHTOLA 1997, S. 268.
427
Die finnischen Familiennamen in Deutschland
name und Beiname wurden mit der lateinischen Präposition de ‘von / aus’ verbunden.
12
In vereinzelten Fällen erlangte der Beiname den Charakter eines Familiennamens,
indem er über mehrere Generationen weitergegeben wurde, generell gelten
die Beinamen bis zum Ende des Mittelalters im gesamten finnischsprachigen
Raum eher als sehr instabil.
Bis zur 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts gab es im gesamten finnischen Raum
keinerlei städtische Gemeinschaften und die ausgesprochen dünne Besiedlung
verlangte keine Zweinamigkeit zur eindeutigen Identifizierung. Die frühesten
Belege über verbreitete, wenn auch sehr unbeständige Beinamen finden wir in
der Zeit zwischen 1300 und 1400 vor allem in Westfinnland und Karelien, bis
1500 weitete sich die Praxis bis an die Grenzen des benachbarten Nowgorod
aus. Die schwedische Regierung unter Gustav Wasa ließ 1540 ein umfassendes
Steuerregister für das gesamte finnische Gebiet erstellen, in welchem zahlreiche
Beinamen vor allem in Karelien und Savo13 verzeichnet sind.14
Für administrative Zwecke wurden in den dichter besiedelten Gebieten und
Wachstumszentren Beinamen benötigt, da sich die mittlerweile sehr verbreiteten
christlichen Taufnamen großer Beliebtheit erfreuten, die Gewichtung aber auf
nur sehr wenigen Namen lag.
Um eine Person innerhalb einer der wenigen dörflichen Gemeinschaften zu
unterscheiden, wurden vor allem Hypokoristika zu den Taufnamen gebildet. Personen
mit dem Taufnamen Juhannus (< Johannes) unterschied man beispielsweise,
indem man sie als Juho und Jussi benannte. So erklärt sich die z. T. enorm
große Zahl von Kurz- und Koseformen zu christlichen Taufnamen. Zu Juhannus
kennen wir neben Juho und Jussi u. a. Juha, Juhani, Jussa, Jukka, Juntti, Junno,
Jani, Hannes, Hannu, Hannukka, Hannus etc.15
Zwar verwendete die schwedische Administration Beinamen; das Recht und
auch die Pflicht, einen Familiennamen zu tragen, war aber dem Adel vorbehalten
und wurde erst 1926 per Gesetz verankert.
12 Ebd., S. 269.
13 Savo, heute zu Ostfinnland gehörend, bildete die mittelalterliche Grenzregion zwischen Schweden
und dem russischen Nachbarn südlich von Österbotten und westlich von Karelien.
14 PAIKKALA / MIKKONEN 2000, S. 15 f.
15 VAHTOLA 1997, S. 270.
428
Marko Meier
5 Die Bildung der finnischen Familienamen
Innerhalb der finnischen Familiennamen verzeichnen wir eingliedrige Namen
(Karhu ‘Bär’, Lappi ‘der Lappe’), Komposita (Hautamäki zu hauta ‘Friedhof,
Grab’+ mäki ‘Hügel, Berg’) und Derivate (Virtanen zu virta ‘Strom, Fluss’ +
Suffix -(i)nen), wobei letztere wohl die markantesten und interessantesten Namenformen
bieten.
Die eingliedrigen Namen bilden innerhalb der Familiennamen die kleinste
Gruppe, wogegen sich Komposita und Derivata in etwa gleichstark verteilen.
Namentyp Namenanzahl
Prozentualer
Anteil Namen
Namenträger
Prozentualer Anteil
Namenträger
Eingliedrige Namen 9 004 18,0 820 000 20,6
Komposita 20 921 41,8 690 000 17,3
Derivata 20 104 40,2 2 472 199 62,1
Tab. 1: Verhältnis von Familiennamen und Bildungstyp16
Im Verhältnis der Häufigkeit der Namensträger zu den einzelnen Familiennamen
stellt sich heraus, dass es zwar ebenso viele Derivate wie Komposita gibt,
diese jedoch von mehr als dreimal so vielen Personen getragen werden.
5.1 Eingliedrige Namen
In die finnischen eingliedrigen Namen können alle erdenklichen Worte eingeflossen
sein, wobei bestimmte Benennungsmotive, vor allem natürliche Gegebenheiten
betreffend, bevorzugt verwendet wurden. Aufgrund der Häufigkeit
bestimmter Namen wurden diese zur besseren Unterscheidung mit Suffixen
versehen, ohne deshalb Derivate darzustellen. So kennen wir bspw. die Bildungsmuster
Name mit Vokal + -a, -i, -is(i), -ja, -ka, -kka, -las, -lo, -li, -tta etc.
Als schwierig zu klassifizieren gelten die folgenden Namen: Koi-vikko zu koivu
‘Birke’, wobei es sich auch um eine -kko-Ableitung handeln kann, oder Leanterä,
was sowohl ein eingliedriger Name als auch ein Kompositum aus ostschwe-
16 Nach PAIKKALA / MIKKONEN 2000, S. 35.
429
Die finnischen Familiennamen in Deutschland
disch lända ‘Land’ und erä ‘Beute, Ertrag, Ernte’ sein kann.17
Als eindeutig eingliedrige Namen sind z. B. Familiennamen wie Rautio (rautio
‘Schmied’) oder Laine (laine ‘Welle, Woge’) zu nennen.
5.2 Komposita
Eine häufige Gruppe der Komposita sind die, bei denen die Namen ohne erkennbare
Kennzeichnung der Verbindung zusammengesetzt wurden. Der Familienname
Martinkauppi setzt sich bspw. aus den Namen Martti und Kauppi zusammen.
Zugrunde liegt der Hofname Martti(la) (< Martin) und der Rufname Kauppi (<
Jakob), die in der Zusammensetzung als Beiname Martinkauppi zum Hausnamen
‘Kauppi auf dem Martti(la)-Hof’ ergeben. Dieser Beiname entwickelte
sich letztlich zu Martinkauppi. Von diesem Namentyp der zusammengesetzten
Hofnamen kommen heute etwa 50 Namen auf 2 000 Namensträger.18
Zahlreiche Komposita wie Kiviniemi (kivi ‘Stein’ + niemi ‘Landzunge’)
oder Myllymäki (mylly ‘Mühle’ + mäki ‘Hügel’) beziehen sich als Hofnamen
auf Naturgegebenheiten. Die zweigliedrigen Namen von Höfen und anderen
Niederlassungen sind seit Jahrhunderten in Gebrauch, und ihre Zahl nahm im
17. / 18. Jahrhundert sprunghaft zu. Die häufigsten hierzu gehörenden Namenformen
sind Mäenpää (mäki, Gen. mäen ‘Berg, Hügel’ + pää ‘Ende’), Uusitalo
(uusi ‘neu’ + talo ‘Hof’) und Sillanpää (silta, Gen. sillan ‘Brücke’ + pää
‘Ende’).19
Eine weitere Gruppe der zusammengesetzten Familiennamen bilden die südkarelischen
-mies-Namen: z. B. Ahomies (aho ‘Schwende, Rodung’), Järvimies
( järvi ‘See’), Kalamies (kala ‘Fisch’), Suomies (suo ‘Morast, Sumpf’). Diese
sind mit dem Grundwort -mies ‘Mann’ gebildet und entsprechen somit in wesentlichen
Merkmalen den deutschen Familienamen auf -mann.
Auch von Komposita werden vereinzelt Ableitungen gebildet, am häufigsten
mit den Suffixen -la und -(i)nen, z. B. Yläoutinen (ylentää ‘befördern’ + RufN
Outi), Kivikoskinen (kivi ‘Stein’ + koski ‘Stromschnelle’). Von diesem Bildungstyp
17 Ebd., S. 37.
18 Ebd.
19 PAIKKALA 1997, S. 249.
430
Marko Meier
kommen etwa 400 Namen auf 3 500 Namensträger.20
Eine veraltete Gruppe von Namen sind die Namen auf poika ‘Sohn’. Hier verzeichnen
wir fünf Namen bei 296 Namensträgern, im Gegensatz dazu kennen wir
zwei Namen, die finnisch tytär ‘Tochter’ enthalten.21 Im Untersuchungsmaterial
liegen keine entsprechenden Namen vor. Die Seltenheit dieser Namen liegt unter
anderem darin begründet, dass das Namenwort poika bereits frühzeitig durch
schwedisch -son und in jüngerer Zeit häufig durch das Ableitungsformans -(i)nen
ersetzt wurde.
5.3 Derivate
Die für finnische Familiennamen signifikantesten Erkennungszeichen sind die
Ableitungssuffixe, von denen 22 bekannt sind. Hierbei handelt es sich keineswegs
um rein onymische Suffixe, sondern sie entstammen der allgemeinen
Wortbildung, auch wenn Suffixe wie bspw. -(in)en besonders häufig in der Namenbildung
Verwendung fanden. Im Folgenden soll kurz auf die wichtigsten Bildungselemente
eingegangen werden, wobei der Fokus neben der Funktion in der
Namenbildung bei einigen Beispielen auch auf der Wortbildung liegen soll.22
-io / -iö: Dieses Suffix findet in der Wortbildung zur Bildung von Bezeichnungen
von Lebewesen aus Adjektiven und Substantiven Verwendung, wie etwa hirviö
‘Ungetüm’ (zu hirveä ‘schrecklich’), houkkio ‘Idiot’ (aus houkka ‘verrückt, blödsinnig’),
rautio ‘Schmied’ (aus rauta ‘Eisen’). Gleichfalls dient es häufig der Ableitung
von Orts- und Stellenbezeichnungen sowie Ortsnamen: aukio ‘offenes,
ödes Feld’ (zu aukea ‘offen, flach, öde’), Kemiö (aus kemi ‘unfruchtbare Flur’),
Perniö (aus dialektal perna ‘Linde’).
Familiennamen: Saarnio (saarni ‘Esche’), Tainio (entlehnt aus gotisch tainjo
‘Weidenkorb’ im Sinne von ‘Fischreuse’), Tapio (zu estnisch taba ‘Falle’), Vainio
(vainio ‘Acker’), Laanio (inarisamisch laani ‘eisige Quelle’), Lumio (samisch luopma
‘Öffnung / Loch am Strand eines Baches oder Sees’), Mäkio (mäki ‘Hügel,
Berg’).
20 PAIKKALA / MIKKONEN 2000, S. 35.
21 Ebd., S. 38.
22 Vgl. hierzu HAKULINEN 1957, S. 106 ff.
431
Die finnischen Familiennamen in Deutschland
Tab. 2: Die Häufigkeit der Suffixe als Familiennamensuffixe23
-la / -lä: Die beiden Suffixe dienen der Ableitung von Substantiven z. B. zur Kennzeichnung
von Ortsbezeichnungen, z. B. appela ‘Heim des Schwiegervaters’ (zu
appi ‘Schwiegervater’), setälä ‘Heim des Onkels’, miehälä ‘Heim des (Ehe-)
Mannes (zu mies ‘Mann’), aviomies ‘Ehemann’. Darüber hinaus erfüllt es deminutive
Funktion z. B. in kukkula ‘kleine Anhöhe’ (zu kukku ‘kegelförmiger Gipfel’).
23 PAIKKALA / MIKKONEN 2000, S. 36.
Suffixe bei finnischen
Familiennamen in
Deutschland
Namenanzahl
Prozentualer
Anteil
Namen
Namenträger
Prozentualer
Anteil Namenträger
-in(en) 16 0,0 249 0,0
-io / -iö 911 1,8 44 398 1,1
-kko / -kkö 243 0,5 9 031 0,2
-la / -lä 10 487 21,0 457 000 11,5
-ma / -mä 850 1,7 8 196 0,2
-mo / -mö 1 041 2,1 16 290 0,4
-(i)nen 4 280 8,6 1 868 000 46,9
-nto / -ntö 330 0,7 3 740 0,1
-ri 439 0,9 22 767 0,6
-ska / skä 48 0,1 6 317 0,2
-sti 79 0,2 2 466 0,1
-sto / -stö 490 1,0 12 282 0,3
Suffixe in Deutschland
bisher nicht
vertretener Namen
-tsa / -tsä 18 0,0 301 0,0
-kas / -käs 91 0,2 8 773 0,2
-ste 180 0,4 1 442 0,0
-nki 48 0,1 1 451 0,0
-nko / -nkö 118 0,2 1 644 0,0
-nne 156 0,3 1 899 0,0
-nti 99 0,2 1 024 0,0
-ro 169 0,3 4 189 0,1
-nki 48 0,1 1 451 0,0
-tsu 9 0,0 717 0,0
432
Marko Meier
Familiennamen: Mannila (appelativisch zu schwedisch man und RufN Manni
zu Hermann, Magnus und Emanuel), Marttila (HofN zum RufN Martin), Mattila
(HofN zum RufN Matthias), Nikula (HofN zum RufN Niku aus Nikolaus),
Nummila (nummi ‘Heide’), Ojala (oja ‘Graben’), Ponkala (aus dem HofN Ponka
zu samisch buok.a ‘fordern, verlangen’), Rajala (raja ‘Grenze, Grenzlinie’),
Rauhala (rauhallinen ‘geborgen, geschützt, windstill’), Raukola (HofN zum
RufN Raukko zu skand. Ragn-), Saksala (saksa ‘Deutschland’), Härkälä (härkä
‘Bulle’), Heikkilä (HofN zum RufN Heikki aus Heinrich), Hirvelä (hirvi ‘Elch’),
Hyötylä (hyöty ‘Ertrag, Gewinn, Profit’).
-kko/-kkö: Dieses Suffix fand in der Wortbildung in possesivischer oder deminutiver
Funktion Verwendung.
Familiennamen: Kivikko (kivi ‘Stein’), Villikko (zum RufN Villi, Villikka aus
Wilhelm u. a.), Männikkö (männikkö ‘Kiefernwald’) etc.
-mo / -mö: Insbesondere an Personenbezeichnungen und Ortsnamen wie Kuusamo
(zu kuusama ‘Geißblatt’) tritt dieses Suffix an. In der Wortbildung kennen
wir das Beispiel ohimo ‘Schläfe’ (zu dialektal oha ‘dünn’).
Familiennamen: Oramo (karelisch ora ‘spitzes Werkzeug, Ahle’), Rantamo
(ranta ‘Ufer, Strand’), Helamo (schwedisch helg ‘Berg’) oder Korjamo (zum
RufN Korja aus Gregorius).
-ntö / -nto: Die Endung -nto / -ntö findet sich zumeist in Substantiven wie pimento
‘schattige Stelle’ (zu pimeä ‘dunkel’ oder zu dialektal virvanto ‘geflochtener
Ring für Töpfe’ zu virpa, virpi ‘Zweig, Reis, Rute’).
Familiennamen: Asunto (asua ‘wohnen, bewohnen, hausen’ bzw. asunto
‘Bude, Wohnung’), Suvanto (suvanto ‘das ruhige stille Wasser; ruhige Stelle an
einer Stromschnelle’).
-ri: Das Suffix -ri dient der Ableitung von Berufsbezeichnungen wie kankuri
‘Weber’ (zu kangas ‘Stoff’), lampuri ‘Schäfer’ (zu lammas ‘Schaf’) und der Ableitung
von Bezeichnungen für handelnde Personen, z. B.: kätyri ‘Handlanger,
Helfershelfer’ (zu käsi ‘Hand’).
Familiennamen: Paakkari (schwedisch bagare ‘Bäcker’), Pelttari (schwedisch
bält ‘Gürtel, Gurt’ für den Sattler oder finnisch pelti ‘Blech’ für den Blech-
oder Kupferschmied), Puukari (puukko ‘Messer’, vereinzelt auch puukka ‘Milbe,
433
Die finnischen Familiennamen in Deutschland
Zecke’), Syväri (syvä ‘tief’), Visuri (meist zu visu ‘geizig’), Huotari (karelisch
hotari ‘Schalk, Lump’ oder Ableitung zu Theodor, Feodor), Rantakari (ranta
‘Strand’ + Suffix -ka), Lennkeri (Ableitung zum deutschen FamN Lenker [1552
Hans Lenker = 1556 lenckerj])24, Lukkari (lukkari ‘Küster’, wohl aus schwedisch
klåckare entlehnt).
-ska / -skä: Das Suffix bildet Substantive, z. B. laimiska ‘Pfütze, Lichtfleck’ (zu
dialektal laimi ‘ruhige Stelle [im Wasser]’), und Adjektive, etwa latuska ‘platt’
(zu lattu ‘niedergedrückte Lage’).
Familiennamen: Ovaska (RufN Afanasij, aus Athanasios; finnisch z. B. 1561
Ofonasko), Wilska (RufN Filka, aus Filipos).
-sto / -stö: Das Suffix bildet Substantive von kollektiver oder lokaler Bedeutung,
z. B. hongisto ‘Kiefernbestand’ (zu honka ‘Kiefer’), kivistö ‘steinige Stelle’ (zu
kivi ‘Stein’) oder lepistö ‘Erlengehölz’.
Familiennamen: Kairisto (kaira ‘Einöde’), Kaunisto (kaunis ‘Fleck, Ort, Stelle’,
meist im Sinne von ‘schöner natürlicher Ort’), Koivisto (koivu ‘Birke’), Puomisto
(puomi ‘Baum, Sparren, Zaun’), Saarnisto (saarni ‘Esche’), Lepistö (leppä
‘Erle’).
-sti: Familiennamen: Saalasti (saalas ‘Beute; reicher Fischfang’).
-(i)nen: Dieses Suffix stellt die häufigste Ableitungsendung innerhalb der finnischen
Familienamen dar und geht zum Teil auf ursprüngliche Suffixe wie -iainen
/ -iäinen, -kainen / -käinen zurück. Es wird in Familiennamen als deminutives
und possessivisches Suffix angesehen, erfüllt zudem patronymische Funktion
und verweist häufig auf die Herkunft von einem Hof oder aus einer bestimmten
Region.
Familiennamen: Aaltonen (aalto ‘Welle’), Ahonen (aho ‘Schwende, Rodung’),
Anttonen (RufN Anton, karelisch Antto), Eronen (RufN Ero aus Erik),
Härkönen, Häkkinen (härkä ‘Bulle’), Halttunen (RufN Halttu aus Reinhold,
Wienhold etc.), Hänninen (RufN Hänni, aus Johannes), Heikkinen (heikko
‘schwach’ oder zum RufN Heikki, aus Heinrich), Heinonen (RufN Heino, aus
Heinrich), Hiltunen (RufN Hilto, aus Hildebrand etc.), Hirvonen (hirvi ‘Hirsch’),
24 PAIKKALA / MIKKONEN 2000, S. 305.
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Marko Meier
Immonen (RufN Immo, aus Imanuel), Järvinen (järvi ‘See’), Juntunen (RufN
Juntti, aus Johannes), Nieminen (niemi ‘Landzunge’), Kauppinen (RufN Kauppi,
aus Jakob), Virtanen (virta ‘Strom, Fluss’) u. v. a. m.
-kainen / -käinen: Hierbei handelt es sich um ein Suffix, welches in Familiennamen
häufig eine Kombination aus den Endungen -kka / -kää + -(i)nen darstellt,
insbesondere bei Namen fremden Ursprungs.
Familiennamen: Tikkainen (RufN Tikka, aus Namen wie Mitikka [Mitja] oder
Huotikka [Theodor, Feodor]), Asikainen (RufN Asikko), Astikainen (RufN Astikka,
aus schwedisch Astrith, Aste, Astulf etc.), Hartikainen (RufN Harti, Harto,
Harrtu, aus altdeutschen Namen wie Hartwig), Laurikainen (RufN Laurila oder
Laurikka, aus Laurentius), Martikainen (RufN Martikka, aus Martin), Ovaskainen
(RufN Ovaska, zu russisch Afanasij, aus Athanasios), Pentikäinen (RufN
Pentti, Pentikkä, aus Benedictus), Piekäinen (RufN Piekka / Piekko, aus Pietari
zu Petrus), Pietikäinen (RufN Pietari, aus Petrus).
-iainen / -iäinen: In der Wortbildung findet dieses Suffix vor allem bei Tier- und
Pflanzennamen Verwendung, z. B. sittiäinen ‘Mistkäfer’ aus sitti ‘Mist’, karviainen
‘Stachelbeere’ zu karva ‘Haar’.
Familiennamen Jauhiainen (jauho ‘Mehl’ für einen weiß- oder blondhaarigen
Menschen’), Partiainen (RufN Parta, aus Bartholomäus), Rouhiainen (rouhija
‘schroten, mahlen, stampfen, zerkleinern’), Tarkiainen (tarkka ‘genau, geschickt;
intelligent, weise, wachsam’), Vartiainen (vartija ‘Hüter, [Nacht-]Wächter’).
-ma / -mä: Vor allem in Stellen- und Örtlichkeitsbezeichnungen findet sich dieses
Ableitungssuffix, vgl. kaljama ‘glatte Stelle’ (zu kalju ‘Kahlkopf’), dialektal
kinkama ‘abschüssige Stelle, Anhöhe’ (zu dialektal kinka ‘Hügel, Holzstoß’),
laitama ‘Stelle am Rande des Waldes’ (zu laita ‘Rand, Saum’), aber es übt auch
deminutive Funktion aus.
Familiennamen: Nuorima (skandinavisch nor ‘Meerenge, schmale Bucht’),
Ohtmamaa (otsa, ohta ‘abrupt ansteigernder Hang’), Pihlajamaa (pihlaja ‘Eberesche,
Vogelbeerbaum’), Susimaa (susi ‘Wolf’), Vasama (vasa ‘Reh, Rehkitz’),
Ahomaa (aho ‘Schwende, Rodung’), Haukkamaa (haukka ‘Falke, Habicht’), Salomaa
(zum Ortsnamen Salo, ‘der aus Salo’), Kalima (RufN Kalli, aus Karl),
Larima (RufN Larin, aus Laurentius).
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Die finnischen Familiennamen in Deutschland
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